Bundeskanzlerin Angela Merkel hat heute bei ihrem Besuch der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem an die Gräuel der Schoa erinnert. Begleitet wurde sie von Ministerpräsident Naftali Bennett, Oberrabbiner Israel Meir Lau und dem neuen Vorsitzenden der Gedenkstätte, Dani Dayan.
Durch die Halle des Gedenkens klang das Lied »Eli, Eli« von Chana Senesh, gesungen von dem Mädchenchor Ankor aus Jerusalem, als die Delegation der sechs Millionen jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gedachte. In einer ergreifenden Zeremonie entzündete die Kanzlerin das ewige Feuer und legte einen Kranz nieder.
VERANTWORTUNG »Jeder Besuch in Yad Vashem berührt mich aufs Neue im Innersten. Die hier dokumentierten Verbrechen gegen das jüdische Volk sind uns Deutschen immerwährende Verantwortung und Mahnung«, schrieb sie anschließend ins Gästebuch von Yad Vashem.
Und weiter: »Dass jüdisches Leben nach dem Menschheitsverbrechen der Schoa in Deutschland wieder eine Heimat gefunden hat, ist ein unermesslicher Vertrauensbeweis, für den wir dankbar sind. Dieses Vertrauen veranlasst uns dazu, täglich entschieden gegen Antisemitismus, Hass und Gewalt vorzugehen. Dies ist die Verpflichtung für jede Bundesregierung.«
RÜCKBLICK Wohin Angela Merkel an diesem Wochenende bei ihrem letzten Besuch Israels als Kanzlerin auch kam, es regnete Lobpreisungen, Anerkennung und Dank für ihre Verdienste. Die herzliche Atmosphäre zeugte davon, dass ihr alle Beteiligten einen gebührenden Abschied bescheren wollen. Angela Merkel ist von Samstag bis Montag zu ihrem letzten offiziellen Besuch – dem achten – als deutsche Regierungschefin nach Israel gereist. Premierminister Naftali Bennett hieß sie am Sonntagmorgen mit einer außergewöhnlichen Sitzung des Kabinetts in Jerusalem willkommen.
»Die Wärme, mit der Sie in Israel aufgenommen werden, ist außergewöhnlich, begann Bennett seine Ansprache im Anschluss an die Sitzung. »Sie werden hochgeschätzt, als wahre Freundin Israels und in ihrer historischen Rolle.« Merkel sei in den 16 Jahren Amtszeit von Anfang an eine »klare Stimme in Deutschland, Europa und der ganzen Welt für die Sicherheit Israels gewesen – und dafür danken wir ihr«.
Sein Land sei ein Leuchtturm in einem Meer aus Extremismus, führte Bennett aus, »daher brauchen wir die Unterstützung der Welt, besonders der Demokratien«. Er sprach die Hoffnung aus, dass Merkel auch nach dem Ende ihrer Amtszeit Israel verbunden bleibe.
Die Bundeskanzlerin freute sich über diese »kleine Regierungskonsultation« und nannte es eine Ehre, daran teilnehmen zu dürfen. Mehrfach drückte sie ihre Bewunderung über die Vielfältigkeit der israelischen Regierung aus. »Trotz der unterschiedlichen Überzeugungen ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich.«
»Es ist ein absoluter Glücksfall, dass wir heute zusammen an einem Tisch sitzen können.«
Bundeskanzlerin Angela Merkel
SCHOA Merkel sie sieht es »als absoluten Glücksfall, dass wir heute zusammen an einem Tisch sitzen können«, wie sie betonte. Die Beziehung zwischen den beiden Ländern sei ein großer Schatz und nicht selbstverständlich. »Natürlich tragen wir für die Schoa als singuläres Ereignis in der Geschichte weiterhin Verantwortung. In jeder Phase der Geschichte, auch in der Zukunft«, stellte sie klar.
Derzeit befinde man sich in der Phase des Übergangs, wo es bald keine Zeitzeugen mehr geben wird. »Umso mehr müssen wir darauf achten, dass wir die traurige und schreckliche Geschichte im Herzen und Kopf behalten, um die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen.«
»Doch«, machte sie deutlich, »wir beschränken die Zusammenarbeit nicht auf diesen einen Aspekt. Deutschland sei nicht neutral, wenn es um die Sicherheit Israels geht. »Es ist Teil unserer Staatsräson.«
Auch wenn man Meinungsverschiedenheiten habe, sei es klar, dass es einen jüdischen demokratischen Staat in der Region auch in der Zukunft geben muss.
AUSSAGE Doch auch die Palästinenser sollten sicher in einem Staat leben dürfen, hob die Kanzlerin hervor. Ihrer Meinung nach sei eine Zweistaatenlösung noch nicht vom Tisch. Gleichwohl, betonte Merkel noch einmal, sei die zentrale Aussage, dass es einen sicheren jüdischen demokratischen Staat geben müsse.
Im Anschluss war Merkel von Präsident Isaac Herzog ins Beit Hanasi geladen. Herzog überraschte die studierte Physikerin mit einem besonderen Geschenk: der Einrichtung eines Forschungsstipendiums im Namen der Bundeskanzlerin für außergewöhnliche Wissenschaftlerinnen am Weizman Institut.
»Wir können so viel von Ihnen lernen.«
Präsident Isaac Herzog
»Sie sind eine wahre Freundin Israels und eine wahre Freundin des gesamten jüdischen Volkes. Wir können so viel von Ihnen lernen, wie wir Antisemitismus bekämpfen, die zukünftigen Generationen bilden und über unsere gemeinsamen Werte«, so Herzog. Niemand könne ihren immensen Beitrag zu den warmen und starken Beziehungen der beiden Länder bezweifeln.
»Für mich ist es ein Vergnügen, das Amt zu verlassen und zu wissen, dass die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern so gut sind, wie sie sind«, antwortete Merkel. »Es füllt mich mit Optimismus zu wissen, dass unsere Regierungen das wichtige Gedenken an den Holocaust weiterführen werden.«
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