Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat seinen Verteidigungsminister Yoav Gallant entlassen. Er habe das Vertrauen in den Minister verloren, hieß es in einer Mitteilung aus dem Büro des Regierungschefs. Nachfolger wird der bisherige Außenminister Israel Katz, der wiederum durch Gideon Sa’ar ersetzt wird.
»Obwohl in den ersten Monaten des Krieges Vertrauen herrschte und die Arbeit sehr fruchtbar war, ist dieses Vertrauen zwischen mir und dem Verteidigungsminister in den vergangenen Monaten leider zerbrochen«, schrieb Netanjahu. Gallant habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die den Entscheidungen des Kabinetts widersprochen hätten, fügte der Ministerpräsident hinzu. Die meisten Kabinettsmitglieder hätten der Entlassung zugestimmt.
Auch Gallant äußerte sich. »Die Sicherheit des Staates Israel war immer meine Lebensaufgabe und wird es immer bleiben«, betonte er. Netanjahu hatte Gallant bereits im April vergangenen Jahres entlassen, weil dieser offen Kritik an der umstrittenen Justizreform geäußert hatte. Nach Massenprotesten machte Netanjahu damals die Entlassung jedoch wieder rückgängig.
Mitglieder der Opposition kritisierten die Entlassung. »Politik auf Kosten der nationalen Sicherheit«, monierte der Vorsitzende der Nationalen Einheit, Benny Gantz, ehemaliges Mitglied von Netanjahus inzwischen aufgelöstem Kriegskabinett. Der rechtsextreme Polizeiminister Ben-Gvir hingegen begrüßte die Entlassung. Mit Gallant sei der Sieg im Krieg unmöglich.
In mehreren israelischen Städten kam es noch am Abend zu Protesten gegen die Regierung Netanjahu. Tausende gingen auf die Straße.
Der ehemalige Ministerpräsident Naftali Bennett kritisierte Netanjahu scharf und bezeichnet die derzeitige Führung des Landes als «verrückt und krank». Auf der Plattform X schrieb Bennett: «Ich rufe unsere Soldaten an allen Fronten auf: Verliert nicht den Fokus auf den Feind. Wenn ihr uns beschützt, werden wir, die Öffentlichkeit, euch beschützen. Verzweifelt nicht, der Wandel kommt.»
Netanjahus früherer Außen- und Verteidigungsminister Avigdor Liberman von der Partei Yisrael Beiteinu äußerte sich ähnlich. Netanjahu führe das Land in eine »Bananenrepublik«, so Liberman. »Anstatt sich zuerst um die Sicherheit des Landes zu kümmern und das Wohlergehen der Bürger und Soldaten an erste Stelle zu setzen, hat der Premierminister beschlossen, den Verteidigungsminister zu entlassen und inmitten eines Krieges eine neue Runde politischer Ernennungen einzuleiten, alles nur, um beschämende politische Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn ein Verteidigungsminister mitten in einem Krieg ersetzt werden kann, kann auch ein Ministerpräsident ersetzt werden.«
Israelische Medien hatten schon vor geraumer Zeit berichtet, Galant habe sich gegen eine große militärische Operation im Libanon ausgesprochen, während Militärkreise dafür gewesen seien. Auch Netanjahu habe zumindest nach außen die Forderung nach einer Militäroperation unterstützt. Galant habe dagegen den diplomatischen Bemühungen um eine Einigung mit der libanesischen Terrororganisation Hisbollah und eine Gaza-Waffenruhe mehr Zeit geben wollen.
Unterdessen gab es unbestätigte Gerüchte, wonach Netanjahu offenbar auch die Chefs der Verteidigungsstreitkräfte (IDF), Herzi Halevi, und des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, entlassen will. Netanjahus Büro dementierte jedoch entsprechende Spekulationen der Medien.
Die USA würdigten Joav Gallant als wichtigen Partner. Der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses erklärte laut »Washington Post«, Gallant sei ein wichtiger Partner gewesen »in allen Angelegenheiten, die die Verteidigung Israels betreffen«. Man werde »weiterhin mit dem nächsten israelischen Verteidigungsminister zusammenarbeiten«.
Es werde erwartet, dass der neue Verteidigungsminister Israel Katz das Amt - vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments - in den nächsten 48 Stunden übernehmen werde, hieß es weiter.