In einer ungewöhnlichen Stellungnahme hat Israels Inlandsgeheimdienst Schin Bet davor gewarnt, politische Hetze im Land könne zu Blutvergießen führen. »In letzter Zeit identifizieren wir eine Verstärkung und schlimme Radikalisierung aggressiver und hetzerischer Debatten, vor allem in sozialen Netzwerken«, sagte Schin-Bet-Chef Nadav Argaman am Samstag. Diese enthielten auch Aufrufe zur Gewalt.
Bestimmte Gruppierungen oder Individuen könnten dies als Legitimierung gewaltsamer Übergriffe oder sogar Blutvergießen auslegen, warnte Argaman. Er appellierte an alle Verantwortlichen, sich sofort für eine Beruhigung der Lage einzusetzen.
Schin Bet schützt seit Donnerstag den designierten Regierungschef Naftali Bennett von der ultrarechten Jamina-Partei. Hintergrund ist eine Zunahme an Hetze gegen den 49-jährigen Politiker in sozialen Netzwerken und auf Demonstrationen.
Der scheidende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte Bennett scharf angegriffen und ihm mit dem Eintritt in die neue Koalition den »Betrug des Jahrhunderts« vorgeworfen. Anhänger Netanjahus üben nach Medienberichten massiven Druck aus, um die Vereidigung der geplanten Regierung von acht Parteien aus allen politischen Lagern zu verhindern. Demonstranten beschimpften Bennett auf Kundgebungen als »Verräter« und verbrannten sein Porträt.
Die israelische Nachrichtenseite ynet schrieb, die gegenwärtige Hetze erinnere stark an jene vor dem Mord an dem Regierungschef Izchak Rabin durch einen rechtsextremen jüdischen Fanatiker im November 1995. Der damalige Oppositionsführer Netanjahu war zu der Zeit Wortführer bei wütenden Demonstrationen, auf denen Gegner von Rabins Versöhnungspolitik einen Sarg mit seinem Namen trugen und Schilder hochhielten, auf denen Rabin in einer SS-Uniform dargestellt wurde.
Seitdem wurde Netanjahu häufig vorgeworfen, er habe mit seinem Verhalten mit dazu beigetragen, die Stimmung zu schüren, die letztlich den Mord an Rabin ermöglichte - und ihn dann als Regierungschef beerbt.
Netanjahus Sohn Jair sprach nach Argamans Mitteilung von einer »Schande«. Er warf der israelischen Linken vor, seit zwei Jahren gegen seinen Vater und seine Familie zu hetzen. »Und jetzt versuchen sie, der Rechten das Maul zu stopfen und jede politische Kritik als »Hetze« zu verunglimpfen«, schrieb er bei Twitter.