Der israelische Außenminister Eli Cohen ist am Dienstag für ein Treffen mit seiner Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) nach Berlin gereist. Cohen besuchte auch das Holocaust-Mahnmal und traf sich mit Vertretern der jüdischen Gemeinde. Es ist sein erster Besuch seit Amtsantritt der neuen rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Jerusalem im Dezember 2022.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Baerbock forderte Cohen Deutschland zu einem entschlossenen Vorgehen gegen die Machthaber im Iran und deren Atomprogramm auf. »Dies ist der Moment, Schritte einzuleiten. Dies ist der Moment zum Handeln mit dem Ziel, den Iran daran zu hindern, eine Nuklearwaffe zu besitzen«, sagte Cohen.
In puncto Iran gebe es nur zwei mögliche Antworten: Sanktionen und militärische Optionen. Er verwies auf Geheimdiensterkenntnisse seines Landes und sagte: »Dies ist nun die richtige Zeit, um an diesen zwei Schritten zu arbeiten.« Auch forderte er, die iranische Revolutionsgarden als Terrororganisation einzustufen. »Nur entschlossenes Handeln wird zu Ergebnissen führen. Iran ist nicht mehr nur ein Problem des Nahen Ostens, sondern mittlerweile auch ein Problem Europas«, fügte Cohen hinzu.
VERPFLICHTUNG Im Jahr 2015 hatte sich der Iran zur Einschränkung seines Atomprogramms verpflichtet. Ziel war es, das von islamischen Geistlichen kontrollierte Land am Bau von Atomwaffen zu hindern. Nachdem die USA unter Präsident Donald Trump aus dem Abkommen ausstiegen, machte Teheran die Beschränkungen schrittweise rückgängig. Auch zuvor hatte es bereits Probleme mit der Einhaltung der Vereinbarung durch das iranische Regime gegeben. Verhandlungen zur Wiederherstellung des Atompaktes, an denen auch Deutschland beteiligt ist, liegen seit Monaten auf Eis.
Eli Cohen erinnerte in Berlin auch an die jüngsten Opfer des palästinensischen Terrors.
Cohen erinnerte in Berlin auch an die jüngsten Opfer des palästinensischen Terrors. »Wir verurteilen Gewalt und tun alles in unserer Macht, um sie zu vermeiden«, sagte er. »Es ist klar, dass diese Gewalt nur ein Ende haben wird, wenn die Palästinenser entschiedene Maßnahmen ergreifen, um sie zu beenden.«
Baerbock hatte zum Auftakt eines gemeinsamen Presseauftritts die Freundschaft zwischen Deutschland und Israel betont. Deutschland stehe zu seiner Verantwortung für die Sicherheit Israels. »Darauf kann Israel sich immer verlassen«, sagte sie und nannte das außenpolitischen Handeln auch mit Blick auf Iran: »Irans Regime unterdrückt nicht nur in brutalster Weise seine eigenen Bürgerinnen und Bürger«, sondern es gefährde auch die Stabilität der Region.
Eskalation »Uns beide eint die Sorge über die nukleare Eskalation vonseiten Irans und über die letzten Meldungen über die sehr hohe Urananreicherung«, sagte Baerbock. »Für einen so hohen Anreicherungsgrad gibt es keinerlei plausible zivile Rechtfertigung. Iran darf nicht in den Besitz einer Atombombe kommen.« Sie verwies auf diplomatische Bemühungen.
Baerbock äußerte sich auch besorgt über die zunehmende Gewalt im Nahost-Konflikt. »Zuletzt sehen wir mit immer kürzeren Abständen Bilder von tödlichen Terroranschlägen gegen Israelis«, sagte sie. Genauso gelte Mitgefühl den Opfern von Racheakten und Selbstjustiz.
Nach einem palästinensischen Anschlag im Westjordanland, bei dem zwei Israelis getötet worden waren, war es am Sonntagabend zu schweren Ausschreitungen israelischer Siedler gekommen. Dabei wurden ein Palästinenser getötet und Hunderte verletzt. In der Nähe von Jericho wurde dann am Montagabend ein 27-jähriger Israeli erschossen, der auch über die US-Staatsbürgerschaft verfügte. Die mutmaßlich palästinensischen Täter konnten entkommen.
Huwara Auch Cohen erwähnte die Gewalt durch israelische Siedler in der Stadt Huwara. Er versprach, die Täter würden zur Rechenschaft gezogen: »Israel ist ein Rechtsstaat und der Ordnung. Wenn in Israel jemand einen anderen tötet, egal ob er Muslim, Christ oder Jude ist, kommt er definitiv ins Gefängnis.« Die Palästinenser handelten nicht nach diesem Grundsatz.
Baerbock äußerte Besorgnis wegen Plänen für eine Einführung der Todesstrafe in Israel für Terroristen.
Baerbock übermittelte Cohen auch die Besorgnis Deutschlands wegen Plänen für eine Einführung der Todesstrafe für Terroristen. »Wir sind aus fester Überzeugung gegen die Todesstrafe, und wir sprechen das überall auf der Welt an«, sagte sie. In Deutschland lerne man in der Schule, dass Israel, obwohl es wie kein anderes Land von Terror bedroht sei, die Todesstrafe nur einmal in seiner Geschichte vollstreckt habe - gegen den NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann. Baerbock sagte: »Das war immer ein beeindruckendes Argument für diejenigen von uns, die Israel auf internationaler Bühne gegen unfaire Kritik verteidigt haben. Ich sage daher als Freundin: Ich bin überzeugt, dass es ein großer Fehler wäre, mit dieser Geschichte zu brechen.«
Das israelische Kabinett hatte am Sonntag einen Gesetzesentwurf gebilligt, der die Todesstrafe für Terroristen vorsieht. Der umstrittene Vorstoß muss noch mehrere Lesungen im Parlament passieren, bevor er in Kraft treten kann. Mit einer ersten Abstimmung wurde am Mittwoch gerechnet.
Innenpolitisch gibt es in Israel starke Spannungen. Seit Wochen gehen immer wieder Zehntausende Menschen auf die Straße, um gegen eine umstrittene Justizreform der Regierung zu protestieren. Kritiker sehen das Vorhaben als ernste Gefahr für Israels Demokratie. dpa/ja