Trotz Ablauf einer Frist zum Truppenrückzug am heutigen Dienstag will Israel sein Militär vorerst an bestimmten Punkten im Südlibanon stationiert lassen. Die Aufgabe der Posten war im Ende November besiegelten Waffenruhe-Abkommen mit der libanesischen Hisbollah-Miliz vereinbart worden, das zunächst auf 60 Tage angelegt und dann noch einmal um gut drei Wochen verlängert worden war. Den Abzug aus dem Nachbarland zu verzögern, sei eine »vorübergehende Maßnahme«, sagte ein israelischer Armeesprecher.
Ihm zufolge wurde das Vorgehen mit der von den USA und Frankreich angeführten internationalen Kommission abgesprochen, die über die Einhaltung des Waffenruhe-Abkommens wachen soll und der auch Israel, der Libanon und die UN-Friedenstruppe Unifil angehören.
Libanons mit der Hisbollah verbündeter Parlamentspräsident Nabih Berri hatte zuvor schon betont, eine Verlängerung sei für die libanesische Regierung indiskutabel. Auch der neu ernannte Präsident Joseph Aoun hatte eine Einhaltung der Frist angemahnt und will Berichten zufolge am Dienstag eine offizielle Erklärung abgeben.
Ein Jahr der Attacken
Hisbollah-Chef Naim Kassim hatte den Israelis in einer Fernsehansprache gedroht: Sollten ihre Truppen über den 18. Februar hinaus im Libanon bleiben, handele es sich um eine Besatzung - und jeder wisse, »wie mit einer Besatzung umgegangen wird«.
Ende November war ein Ende der Kampfhandlungen vereinbart worden, nachdem die Hisbollah Israel über ein Jahr lang täglich mit Raketen angegriffen hatte. Nach dem von den Terror-Kollegen der Hamas ausgeführten Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die Hisbollah begonnen, den Norden Israels zu beschießen. Im September 2024 stoppte Israel die Hisbollah-Terroristen militärisch, da es auf diplomatischem Weg nicht funktioniert hatte.
Die Vereinbarung zur Waffenruhe sah ursprünglich den Abzug der israelischen Truppen binnen 60 Tagen vor. Doch Israel veranlasste eine Verlängerung bis zum 18. Februar. Seit Inkrafttreten der Waffenruhe kam es wiederholt zu Verstößen durch die Hisbollah.
Strategisch wichtige Posten
Israels Militär werde »eine kleine Anzahl von Truppen« an fünf strategisch bedeutsamen Punkten entlang der Grenze belassen, kündigte ein Armeesprecher kurz vor Ablauf der Frist am Montag an. Davon abgesehen solle der Abzug der restlichen Soldaten bis Dienstag wie vereinbart vollzogen werden. In den geräumten Gebieten werde die Verantwortung an die libanesische Armee übergeben. Wie lange die israelische Armee an den verbleibenden Posten auf libanesischem Boden festhalten will, ist unklar.
Die libanesische Armee soll gemäß der Vereinbarung militärische Bewegungen der Hisbollah im Grenzgebiet verhindern. Die Miliz soll sich bis hinter den - etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze verlaufenden - Litani-Fluss zurückziehen. Das ist nach israelischer Darstellung bisher nicht vollständig geschehen.
Ein Hindernis dabei: Viele der Hisbollah-Anhänger stammen aus Grenzorten und leben dort normalerweise auch. Israel wirft der libanesischen Armee vor, nicht schnell genug nachgerückt zu sein und damit ihre Verpflichtungen nicht erfüllt zu haben. dpa/ja