Bei einem Drohnenangriff der libanesischen Terrororganisation Hisbollah auf einen israelischen Armeestützpunkt nahe der Stadt Binjamina sind vier Soldaten getötet worden. Wie die Armee in der Nacht bekanntgab, wurden sieben weitere Soldaten schwer verletzt.
Insgesamt erlitten bei der Attacke am Sonntag laut Rettungsdiensten mehr als 60 Menschen Verletzungen. Damit ist es einer der blutigsten Angriffe auf Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs vor gut einem Jahr. Die verletzten Opfer werden im Sheba Medical Center in Ramat Gan behandelt.
Die Warnsirenen hatten vor der Attacke nicht geheult. »Wir werden untersuchen, wie eine Drohne ohne Vorwarnung eindringen und eine Basis treffen kann«, kündigte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari laut Medien kurz nach Mitternacht in einer Stellungnahme an.
Noch heftiger
Die Hisbollah reklamierte den Angriff für sich. Man habe ein Trainingscamp des israelischen Militärs in Binjamina mit einem »Geschwader von Angriffsdrohnen« attackiert. Israels Radarsysteme hätten die hoch entwickelten Drohnen nicht erfasst, verkündete die Hisbollah in der Nacht auf Telegram.
Die Schiiten-Miliz drohte Israel mit noch heftigeren Angriffen, falls der Nachbarstaat seine Offensive im Libanon nicht stoppen sollte - und »dass das, was er heute im Süden Haifas erlebt hat, nur ein kleiner Vorgeschmack auf das ist, was ihn erwartet, wenn er beschließt, seine Aggression gegen unser edles und geliebtes Volk fortzusetzen«.
Von einer Aggression Israels kann allerdings keine Rede sein. Der jüdische Staat reagiert auf die seit dem 8. Oktober 2023 erfolgenden Attacken der Hisbollah und will diese nun stoppen. Auch geht Israel nicht gegen das libanesische Volk vor, sondern gegen die Hisbollah-Terroristen. Die Zivilbevölkerung wird von den israelischen Streitkräften (IDF) gewarnt, bevor Angriffe gegen den Terror erfolgen, um ihr die Möglichkeit zur Flucht zu geben.
Keine Sirenen
Nach einer ersten Untersuchung habe die Hisbollah vom Libanon aus zwei Kamikaze-Drohnen gestartet, die vom Meer aus in den israelischen Luftraum eingedrungen seien, meldeten israelische Medien. Beide Drohnen seien vom Radar geortet und eine vor der Küste nördlich von Haifa abgeschossen worden.
Flugzeuge und Hubschrauber hätten die zweite Drohne verfolgt, sie sei aber vom Radar verschwunden. Es hätten keine Sirenen geheult, weil davon ausgegangen worden sei, dass die Drohne abgestürzt oder abgefangen worden war, berichtete die Zeitung weiter. Die Drohne schlug schließlich in der Nähe von Binjamina ein.
Israels Armeesprecher Hagari forderte die Öffentlichkeit auf, keine Gerüchte über den Angriff 60 Kilometer nördlich der Stadt Tel Aviv zu verbreiten, solange die Fakten nicht geklärt seien. »Wir sind verpflichtet, für einen besseren Schutz zu sorgen«, wurde er zitiert. »Wir werden diesen Vorfall untersuchen, daraus lernen und uns verbessern«.
Neue Raketenabwehr
Um die Luftverteidigung Israels nach den jüngsten schweren Raketenangriffen durch den Iran zu stärken, schicken die USA eine Batterie des hochmodernen Raketenabwehrsystems THAAD und ein dazugehöriges Team des US-Militärs nach Israel. Der Schritt unterstreiche das eiserne Bekenntnis der Vereinigten Staaten zur Verteidigung Israels, teilte das US-Verteidigungsministerium mit.
Die USA hatten im vergangenen Jahr angesichts des eskalierten Nahost-Konflikts bereits eine Batterie des Raketenabwehrsystems in die Region verlegt, nicht aber nach Israel selbst.
Unterdessen feuerte die Hisbollah nach Angaben der israelischen Armee in der Nacht erneut Raketen auf den Norden Israels ab. Demnach fing die Luftabwehr ungefähr fünf aus dem Libanon kommende Geschosse erfolgreich ab. Zuvor hatten in der Bucht von Haifa und umliegenden Gemeinden die Warnsirenen geheult. Laut Medienberichten waren die Explosionen der Abwehrgeschosse am Nachthimmel über Haifa zu sehen.
Gezielte Einsätze
Laut Israels Armee hat die mit dem Iran verbündete Hisbollah ihre Stellungen im Süden Libanons gezielt nahe Posten der UN-Friedensmission Unifil eingerichtet. Im vergangenen Monat seien etwa 25 Raketen auf israelische Gemeinden und Truppen von Stellungen der Hisbollah in der Nähe solcher UN-Posten abgefeuert worden. Bei einem dieser Angriffe seien zwei Soldaten getötet worden.
Bei begrenzten und gezielten Einsätzen seien Israels Truppen nur »einige Dutzend bis einige hundert Meter« von Unifil-Posten entfernt auf unterirdische Waffenlager gestoßen, hieß es. Die Hisbollah habe im Laufe der Jahre ihre Angriffsinfrastruktur bewusst in der Nähe von Stellungen der UN-Friedensmission aufgebaut.
Nachdem UN-Blauhelmtruppen bei Gefechten zwischen israelischen Soldaten und der Hisbollah beschossen worden waren, mahnte UN-Generalsekretär António Guterres zur Zurückhaltung. Personal und Posten der Unifil-Truppen dürften niemals gezielt angegriffen werden, ließ er über einen Sprecher erklären: »Angriffe auf Friedenstruppen verstoßen gegen das Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts. Sie könnten ein Kriegsverbrechen darstellen.«
Zweite Runde
Zur Aufforderung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, die Unifil-Truppen aus den Kampfgebieten abzuziehen, sagte Guterres, die Friedenstruppe bleibe auf ihren dortigen Stützpunkten. Seitdem der palästinensische Terror auch den aktuellen Krieg begann, hat Gueterres vor allem das sich verteidigende Israel kritisiert.
Unterdessen griff Israels Luftwaffe erneut eine Kommandozentrale der mit der Hisbollah verbündeten Hamas im Gazastreifen an. Sie habe sich im Zentrum des Küstenstreifens in einem Gebäude befunden, das früher als Krankenhaus gedient habe, teilte die Armee in der Nacht auf Telegram mit.
Heute soll im Gazastreifen die zweite Runde der Impfungen gegen Kinderlähmung beginnen. Nach UN-Angaben sollen rund 590.000 Kinder unter zehn Jahren geimpft werden. Israel und die UN-Organisatoren vereinbarten dafür gebietsspezifische humanitäre Feuerpausen. (Mit ja)