Politik

Israel wählt wieder

Premierminister Yair Lapid von der Zentrumspartei Jesch Atid gibt seine Stimme ab. Foto: Amos Ben Gershom (GPO)

Die Wahllokale von Kiriat Schmona im Norden des Landes bis nach Eilat ganz im Süden sind geöffnet. 15 Stunden lang können die Israelis am Dienstag, dem 1. November, ihre Stimme für eine der 40 registrierten Parteien abgeben. Es ist eine entscheidende Parlamentswahl. Der derzeitige Premierminister Yair Lapid von der Zentrumspartei Jesch Atid tritt gegen den ehemaligen Premier an, Benjamin Netanjahu vom rechten Likud, um eine Mehrheit in der 25. Knesset zu erringen.

SPALTUNG Die letzten Meinungsumfragen vor der Wahl zeigten ein extrem enges Rennen zwischen beiden Blöcken, die um die Macht kämpfen. Die meisten israelischen Medien haben diese Spaltung als eine zwischen dem »Netanjahu-Block« mit 59 bis 60 Sitzen in der Knesset und der »aktuellen Koalition« mit 56 bis 57 Sitzen beschrieben.

Unklar ist, wie hoch die Wahlbeteiligung der arabischen Bürger sein wird – ein wichtiger Faktor für den Mitte-Linksblock. Ebenso bedeutend für das Ergebnis wird die Anzahl der kleinen Parteien sein, die es über die Eintrittshürde von 3,25 Prozent in die Knesset schaffen oder eben nicht.

»Es ist ein bedeutendes Recht, am Prozess freier, sauberer und gleicher Wahlen teilzunehmen. Milliarden von Menschen auf der Welt haben dieses Recht nicht.«

Präsident isaac herzog

Den Auftakt beim Wählen machte Präsident Isaac Herzog am frühen Morgen in Jerusalem. »Es ist ein bedeutendes Recht, am Prozess freier, sauberer und gleicher Wahlen teilzunehmen. Milliarden von Menschen auf der Welt haben dieses Recht nicht. Wir sollten als Nation dankbar dafür sein, dass wir ein demokratisches System haben, in dem jeder Bürger etwas bewirken kann«, sagte er, nachdem er seinen Stimmzettel in die Urne gesteckt hatte.  

EINFLUSS »Ich möchte es noch einmal sagen – Wählen hat ohne jeden Zweifel einen Einfluss. Jeder, der denkt, sein oder ihre Stimme spielt keine Rolle, liegt falsch. Deshalb rufe ich alle Bürgerinnen und Bürger des Landes auf: Machen Sie von Ihrem demokratischen Recht Gebrauch und gehen Sie wählen.«

Dabei hatte eine vor einigen Tagen veröffentlichte Umfrage ergeben, dass mehr als ein Drittel der Israelis nicht daran glaubt, dass die bevorstehenden Wahlergebnisse korrekt sein werden. Der monatliche Israeli Voice Index des Israel Democracy Institute ergab, dass 39 Prozent meinen, die veröffentlichten Wahlergebnisse würden die Stimmen der Öffentlichkeit nicht richtig widerspiegeln.

Auch Premier Lapid rief seine Landsleute zur Stimmabgabe auf: »Wählen Sie mit Bedacht. Stimmen Sie für den Staat Israel, die Zukunft unserer Kinder und unsere Zukunft im Allgemeinen.« Die Vorsitzende der Links-Partei Meretz, Zahava Galon, betonte: »Israelis müssen sich heute zwischen Demokratie und Extremismus entscheiden«.

»Israelis müssen sich heute zwischen Demokratie und Extremismus entscheiden.«

meretz-vorsitzende zahava galon

Damit bezog sie sich direkt auf den potenziellen Koalitionspartner von Netanjahu, den rechtsextremistischen Itamar Ben-Gvir von der Partei Otzma Jehudit. Er gab seine Stimme in der jüdischen Siedlung Kiriat Arba im palästinensischen Westjordanland ab und versprach dabei, »eine volle rechte Regierung zu stellen«. Ex-Premier Netanjahu, der es 26 Jahre nach seinem ersten Wahlsieg 1996 wieder ins Amt schaffen will, sagte knapp: »Ich rufe alle israelischen Bürger auf, wählen zu gehen. Es ist ein Privileg.«

EINWANDERER Israelische Staatsbürger, die am Wahltag 18 Jahre und älter sind, dürfen wählen. Einwanderer, die ihre Staatsbürgerschaftsregistrierung mindestens 60 Tage vor dem 1. November abgeschlossen haben, sind ebenfalls wahlberechtigt, darunter etwa 45.000 Neubürger, die bis Ende August dieses Jahres eingewandert waren.

Israel erlaubt keine Briefwahl. Nur die rund 4500 als Diplomaten, Vertreter anderer Ministerien, Militär und Polizei ins Ausland entsandten Israelis und ihre Familien dürfen über die Staatsgrenzen hinaus abstimmen. Die knapp 12.500 Wahllokale sind seit 7 Uhr bis 22 Uhr geöffnet. Bei den vergangenen Wahlen im März 2021 hatten 67 Prozent der Israelis ihre Stimme abgegeben.

Kommentar

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ein Deal ist die einzige Chance, die Geiseln noch aus der Gewalt der Hamas zu retten

von Mascha Malburg  15.01.2025

Israel/Gaza

Wie Israel mit der Hamas um Details des Geisel-Abkommens ringt

Vor mehr als 15 Monaten begann der palästinensische Terror den Krieg. Nun deutet viel darauf hin, dass Verhandlungen um eine Feuerpause vor dem Abschluss stehen

 15.01.2025 Aktualisiert

Nahost

USA: Gaza-Deal so nah »wie nie zuvor«

Washington gibt sich optimistisch: Eine Einigung auf eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie die Freilassung von Geiseln stehe bevor. Der US-Außenminister sagt: Es liegt nun an der Hamas

von Julia Naue  14.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Gerhard Conrad

»Hamas ist ein Gegner, der nur in extremer Not einlenkt«

Der ehemalige Geisel-Unterhändler und BND-Agent über einen möglichen Deal zwischen Hamas und Israel und die Folgen für den Nahen Osten

von Michael Thaidigsmann  14.01.2025

Israel

Ben Gvir: Geisel-Deal bedeutet Ende der Regierungskoalition

Der rechte Minister gibt zu, im vergangenen Jahr eine Waffenstillstandsvereinbarung mehrfach verhindert zu haben

 14.01.2025

Terror

Bericht: Hamas akzeptiert Entwurf für Geisel-Deal

Es müssten nur noch letzte Details geklärt werden, so ein israelischer Regierungsvertreter

 14.01.2025 Aktualisiert

Israel

Luftalarm wegen Rakete aus dem Jemen

Mehrere Menschen verletzten sich auf dem Weg zum Schutzraum

 14.01.2025

Washington D.C.

USA legen Nachkriegsplan für Gaza vor

Blinken will die Palästinensische Autonomiebehörde in eine Regierung einbeziehen. Israel lehnt dies ab, da auch sie den Terror unterstützt

 14.01.2025