Mit der Ausweitung der Bodeneinsätze des israelischen Militärs im Gazastreifen hat nach Angaben von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die zweite Phase des Krieges gegen die Terrororganisation Hamas begonnen.
Ziel sei es, die militärischen Fähigkeiten sowie die Herrschaft der Hamas-Terroristen zu zerstören und die Geiseln nach Hause zurückzubringen, sagte er am Samstagabend in Tel Aviv. Die Luftangriffe der vergangenen Wochen hätten der Hamas einen »schweren Schlag« versetzt. »Allerdings stehen wir erst am Anfang«, betonte er. Der Krieg werde »schwierig und langwierig«. Mit den Angriffen versucht Israel, weitere Angriffe aus Gaza zu unterbinden und seine Bürger zu schützen.
Armeeangaben zufolge waren in der Nacht zum Samstag israelische Bodentruppen in den Norden des abgeriegelten Küstenstreifens vorgedrungen. Anders als bei begrenzten Einsätzen dieser Art in früheren Nächten zogen sich die Panzerverbände jedoch zunächst nicht wieder zurück. Beteiligt seien Infanterie, Panzertruppen, Ingenieurkorps und Artillerie, hieß es. Dem Militär zufolge sollen vermehrt unterirdische Ziele und terroristische Infrastruktur angegriffen werden.
Zahl der bestätigten Geiseln steigt weiter
Netanjahu war zuvor mit Familien von Geiseln zusammengetroffen. Bis Samstag wurden Armeeangaben zufolge die Familien von 230 Geiseln informiert. Erwartet wird, dass die Zahl weiter steigen könnte. Die vier von der islamistischen Hamas bereits freigelassenen Geiseln sind nach Militärangaben bei der Zahl nicht mitgerechnet.
Bei den Angriffen von Terroristen der Hamas am 7. Oktober waren in Israel 1400 Menschen ermordet und mehr als 200 Menschen entführt worden, darunter auch einige deutsche Staatsbürger.
Vertreter der Angehörigen forderten einen Gefangenenaustausch. Israel solle die Freilassung aller palästinensischen Häftlinge im Austausch für alle Geiseln erwägen. Netanjahu sagte, ein Austausch werde debattiert.
Details wollte er nicht nennen. Die Bedingungen eines solchen Abkommens offenzulegen, werde nicht dabei helfen, ihn zu verwirklichen. Der Chef der Hamas, Jihia al-Sinwar, behauptete, die Palästinenserorganisation sei bereit, ein Abkommen über einen Gefangenenaustausch sofort abzuschließen.
Israels Militär ruft zu weiteren Evakuierungen auf
Die israelische Armee rief die noch im Norden des Gazastreifens verbliebenen Menschen erneut dringend auf, sich im Süden in Sicherheit zu bringen. Das »Zeitfenster« schließe sich schnell, hieß es. Hilfsorganisationen beklagten, dass der Ausfall fast aller Telefon- und Internetverbindungen die Hilfe für Opfer des Krieges noch schwieriger mache. Es war die Rede von Panik und Chaos.
Bodeneinsatz ausgeweitet
Israels Armeesprecher Daniel Hagari sagte, Israel schreite »in den Kriegsphasen voran«. In der Nacht »sind israelische Truppen in den Norden des Gazastreifens vorgedrungen und haben den Bodeneinsatz ausgeweitet«.
Es seien mehrere ranghohe Kommandeure der Hamas getötet worden. Darunter sind nach Militärangaben auch ein Hamas-Marinekommandeur sowie der für Luftangriffe zuständige Hamas-Anführer Asem Abu Rakaba.
Weiter Raketenangriffe aus Gaza auf israelische Städte
Palästinensische Terroristen schossen auch am Samstag wieder Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Städte. In israelischen Ortschaften im Grenzgebiet heulten mehrmals Warnsirenen. Auch im Großraum Tel Aviv gab es erneut Raketenalarm, ebenso in der Küstenstadt Aschkelon.
In Beerscheva wurde nach Polizeiangaben ein Gebäude durch eine Rakete getroffen. Israelische Medien berichteten, auch in den Städten Holon, Kiriat Ono und Ramat Gan, alles Vororte von Tel Aviv, seien Raketen eingeschlagen - ähnlich in Aschdod in der Nähe des Gazastreifens. Über Verletzte wurde zunächst nichts bekannt.
Neue Gefechte an Israels Grenze zum Libanon
An Israels Grenze zum Libanon kam es auch am Samstag wieder zu Gefechten. Mehrere Panzerabwehrraketen und Mörsergranaten seien vom Libanon aus auf Israel abgefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Israels Militär habe zurückgeschossen und militärische Einrichtungen der libanesischen Terror-Miliz Hisbollah angegriffen.