Die Parlamentswahlen in Israel sind am Abend zu Ende gegangen. Um 22 Uhr (Ortszeit) schlossen die Wahllokale.
Nach ersten Prognosen der beiden großen Fernsehsender lagen Benjamin Netanjahu mit dem Likud und Isaac Herzog vom Mitte-Links-Bündnis Zionistische Union fast gleich auf. 27 oder 28 der 120 Sitze für Likud, 27 für die Zionistische Union.
Die anderen Parteien erhielten nach Prognosen israelischer Medien 13 (Hareschima Hameschutefet), 12 (Jesch Atid), 9 (Kulanu) und 8 (Habait Hajehudi) Sitze.
Von Naharija bis Eilat gaben die Menschen ihre Stimme für die 20. Knesset ab. Reuven Rivlin, der israelische Präsident, rief die Wähler auf, das Schicksal des Landes in die Hand zu nehmen. »Gehen Sie wählen! Es ist nicht nur ein Recht, es ist auch eine Pflicht.« Die Wahlbeteiligung lag um 9 Uhr israelischer Zeit laut der Nachrichtensendung »Chadaschot 2« bei 7,4 Prozent. Haaretz berichtet von 13,7 Prozent Wahlbeteiligung um 10 Uhr (Ortszeit). Gegen 20 Uhr hatten 65,7 Prozent der Wahlberechtigten Israelis ihre Stimme abgegeben.
Es ist ein sonniger ruhiger Tag im Land gewesen. Die Schüler hatten schulfrei, Kindergärten waren geschlossen, die Eltern mussten nicht zur Arbeit. Viele verbanden den Gang an die Urnen mit einem Abstecher an den Strand oder einem Ausflug. Mütter und Väter nahmen ihre Sprösslinge mit in die Wahllokale, um ihnen zu zeigen, wie Demokratie funktioniert.
Wahlstationen 5,88 Millionen Israelis ab 18 Jahren waren berechtigt, an diesem 17. März zu wählen. 80 Prozent sind jüdische Israelis, 15 Prozent Araber mit israelischem Personalausweis und fünf Prozent andere Minoritäten-Gruppen. 10.372 Wahlstationen im ganzen Land und der palästinensischen Westbank für die jüdischen Siedler waren von sieben Uhr morgens bis zehn Uhr am Abend geöffnet.
Viele Politiker haben bereits ihre Stimme abgegeben. Herzog stimmte in seinem Heimatort Zahala, einem Vorort von Tel Aviv, ab und sagte: »Nur wer weiterhin von Bibi enttäuscht werden will, sollte ihn wählen«.
Zuvor hatte seine Bündnispartnerin Zipi Livni erklärt, dass sie das Abkommen zur Rotation auf dem Chefsessel zwischen ihr und Herzog auflöse und ihren Kollegen als Premierminister vollständig unterstütze, sollte das für die Koalitionsbildung einer Linksregierung nötig sein. Netanjahu sagte darauf in einem Fernsehinterview, dass die Zionistische Union aus »Lügnern besteht, die den Druck nicht aushalten«.
Zusammenschluss 25 Listen stellten sich zur Wahl. Davon sind sechs Zusammenschlüsse mehrerer Parteien, etwa die der Vereinten Liste aus drei arabischen Gruppierungen und einer jüdisch-arabischen Partei. Ein anderes Beispiel sind die beiden ultraorthodoxen Parteien Agudat Israel und Degel Hatora, die auf diese Weise mehr Wähler für sich vereinnahmen wollen.
Seit einer Gesetzesänderung vor wenigen Monaten hat Israel eine Prozenthürde, die sich bei 3,25 Prozent befindet. Drei Parteien, die in vorherigen Wahlen relativ stark waren, kämpfen dieses Mal ums Überleben: die linke Meretz, Israel Beiteinu von Avigdor Lieberman, die von einem Korruptionsskandal erschüttert wurde, und Eli Yishais Jachad, hervorgegangen aus der streng religiösen Sefardenpartei Schas.
Besonders Meretz hatte in den vergangenen Tagen um die Wählergunst gerungen. Chefin Zahava Gal-On machte klar: »Wenn wir es nicht über die Hürde schaffen, wird Herzog nicht Premierminister werden können«.
Prognosen Bei den letzten Wahlen im Jahr 2013 hatten 67,3 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht. Die Prognosen versprechen keinen dramatischen Wandel im Hinblick auf diese Zahlen. Was allerdings sehr wohl für eine Überraschung gut sein könnte – wie bislang bei fast jeder Wahl in Israel –, sind die Unentschlossenen. Vor zwei Jahren katapultierten sie Yair Lapid von vorausgesagten zwölf Sitzen auf völlig unerwartete 19.