Ein alter Witz besagt, dass die Israeliten, als sie aus Ägypten auszogen, 40 Jahre lang in der Wüste umherwanderten, um sich dann just an dem einzigen Ort im Nahen Osten niederzulassen, an dem es kein Öl gab.
Zwar wurden vor einigen Jahren im Mittelmeer vor der israelischen Küste Gasfelder entdeckt, deren Nutzung momentan forciert wird. Doch die Herausforderungen, die Israel aufgrund seiner geografischen Lage, wegen des Klimawandels und auch im Hinblick auf den Artenschutz zu meistern hat, verringert das nicht.
Das am Schnittpunkt dreier Kontinente gelegene Land ist ein Hotspot, was die biologische Vielfalt angeht. Dank beträchtlicher Höhenunterschiede finden sich hier auf engstem Raum Arten aus sehr verschiedenen globalen Pflanzenzonen. Israel ist Heimat von insgesamt fast 3000 Pflanzenarten. Hinzu kommen sieben Amphibien-, 97 Reptilien-, 511 Vogel- und 116 Säugetierarten. Und doch: Gleichzeitig schreitet die Verwüstung schneller voran als andernorts. Viele kleine und fragmentierte Orte biologischer Vielfalt im Zentrum des Landes sind bedroht.
vorreiter Gerade deshalb sind in Israel gewonnene Erkenntnisse im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels international so gefragt wie nie zuvor. Das Land ist nicht nur Vorreiter bei Militär, Hightech und medizinischer Forschung. Es ist auch ein großes Klima- und Umweltlaboratorium.
Orte, die schon zu biblischen Zeiten Schauplatz besonderer Ereignisse waren, dienen heute Wissenschaft und Forschung als Anschauungsobjekte.
Orte, die schon zu biblischen Zeiten Schauplatz besonderer Ereignisse waren, dienen heute Wissenschaft und Forschung als Anschauungsobjekte. Im Krater von Mitzpe Ramon in der Negev-Wüste ist die israelische Mars-Mission ansässig. Dort herrschen ähnlich unwirtliche Bedingungen wie auf dem roten Planeten.
An der Ben-Gurion-Universität des Negev wurde vor einigen Jahren eine neue Fakultät ins Leben gerufen, die sich ausschließlich mit Nachhaltigkeit, dem Klimawandel und dem Kampf gegen die Ausbreitung der Wüsten befasst.
experten Vor ein paar Tagen stellten Experten vier israelischer Universitäten ein Verfahren vor, um mithilfe von 3D-Druckern zum Schutz von Korallenriffen beizutragen. Und im grünen Norden des Landes forschen Wissenschaftler daran, wie sich die Bodenfruchtbarkeit durch den Klimawandel verändert.
Sie arbeiten an der Anpassung von Kulturpflanzen wie Weizen und Gerste an künftige Anbaubedingungen – auch mithilfe Künstlicher Intelligenz. Mittels Genomanalyse wird die Domestikationsgeschichte dieser Getreidesorten nachvollzogen, was heute noch von Bedeutung ist.
Optimismus und Forscherdrang, die in diesem Land stecken, sind inspirierend.
Denn es war in Galiläa, wo vor Tausenden Jahren der Weizen »domestiziert« wurde. Andere Initiativen befassen sich mit der Entwicklung von Fleischersatzprodukten, Alternativen zum Ei oder auch einem mit Ozon behandelten »Superwein«, welcher das gesundheitsfördernde Polyphenol Resveratrol in größeren Mengen enthalten soll.
alternativen Ein zentrales Objekt israelischer Forscher ist seit Langem das knappe Gut Wasser. Schon jetzt stammen drei Viertel des israelischen Leitungswassers aus Meerwasserentsalzungsanlagen. Allerdings erwärmt sich derzeit das Mittelmeer sehr schnell. Deshalb forschen Wissenschaftler bereits fieberhaft zu Alternativen zur Entsalzung, wie zum Beispiel Nanotechnologien für die Reinigung und Wiederaufbereitung von Brauchwasser.
Heute gehört Israel mit 9,5 Millionen Einwohnern zu den am dichtesten besiedelten Ländern der Erde. 1948, bei der Staatsgründung, waren es nur gut 800.000. Bis 2040, so schätzt die OECD, wird Israel das Mitgliedsland mit der höchsten Bevölkerungsdichte der 38 wirtschaftsstärksten Staaten weltweit sein. Dieses rapide Wachstum schafft Probleme, und das nicht nur für Fauna und Flora.
Doch auch in diesem Bereich gibt es Neuigkeiten: So gründete ein einzelner Aktivist eine Freiwilligen-Initiative zur Rettung und Erhaltung von Bienenschwärmen, die sich sehr schnell ausbreitete. Als Nebeneffekt ermöglicht das Projekt Frauen aus Ost- und West-Jerusalem, sich selbst zu versorgen, indem sie Bienenstöcke auf ihren Hausdächern aufstellen, so selbst Honig herzustellen und damit auch den Ökotourismus zu fördern.
initiativen Man muss in Israel nicht mit der Lupe suchen nach solchen Initiativen, es gibt ihrer viele. Ob damit die wichtigsten ökologischen und wirtschaftlichen Probleme gelöst werden können, muss sich erst noch zeigen. Doch Optimismus und Forscherdrang, die in diesem Land stecken, sind inspirierend. Durch die Bereitschaft zur Innovation und zur ständigen Anpassung an wechselnde Bedingungen trägt Israel auch dazu bei, seine sehr heterogene Gesellschaft zusammenzuführen.
Durch die Bereitschaft zur Innovation und ständigen Anpassung an wechselnde Bedingungen trägt Israel auch dazu bei, seine sehr heterogene Gesellschaft zusammenzuführen.
Schimon Peres sagte einmal treffend, selbst die präziseste Uhr könne die Zeit nur anzeigen, uns aber keine Zeit geben, Dinge umzusetzen. Dazu braucht es neben Know-how auch den richtigen Spirit sowie Werte, die anleiten. Der Klimawandel und die damit verbundenen Herausforderungen lassen uns wenig Zeit zum Handeln.
Im 75. Jahr seines Bestehens hat Israel die Ambition, durch ständige Innovation und Forschung der Zeit voraus zu sein, notwendige Veränderungen einzuleiten und Vorbild für all jene zu sein, die unsere Welt auch künftigen Generationen erhalten wollen. Das Land ist auf dem richtigen Weg.
Die Autorin ist ehemalige israelische Diplomatin und Mitglied des Teams Entwicklung und Außenbeziehungen des Academic College of Tel Aviv Yaffo.