Internationale Hilfsorganisationen und ausländische Regierungen fordern die Ausweitung der humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. So beklagte die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, dass derzeit keine angemessene humanitäre Hilfe möglich sei. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, sagte am Dienstag, Israel müsse sich um mehr Hilfsgüter für den Gazastreifen bemühen. »Im Moment wird nicht genug getan.« Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin warnte ebenfalls, dass sich die humanitäre Lage weiter zu verschlechtern drohe. Deshalb appelliere man »notwendige humanitäre Hilfe, einschließlich Treibstoffen in den Gazastreifen hereinzulassen, um die Menschen zu versorgen«.
Anderseits wird in Israel auch Kritik daran geübt, dass beispielsweise Treibstoff überhaupt wieder in den Gazastreifen geliefert wird. Israel hatte nach dem Terrorangriff vom 7. Oktober eine Blockade des Gebiets verhängt. Während einer mehrtägigen Feuerpause waren dann täglich etwa 200 Lastwagen mit Hilfsgütern über die Grenze gekommen, darunter vier LKW mit Treibstoff sowie vier weitere mit Kochgas. Auch nach dem Bruch der Feuerpause durch die Hamas und der Wiederaufnahme der Kampfhandlungen wird eine Lieferung fortgesetzt. Diese Politik wurde von Kritikern infrage gestellt, weil sie Israels Druckmittel auf die Hamas zur Freilassung von Geiseln verringere.
Während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Verteidigungsminister Yoav Gallant und Minister Benny Gantz nahm Premierminister Benjamin Netanjahu am Dienstagabend auch zu dieser Frage Stellung. Dabei betonte er, dass die »wichtigste Karte«, die Israel für die Rückgabe der Geiseln habe, die Militäraktion selbst sei. Die humanitäre Hilfe unterstütze die IDF-Operation, da sie im Falle einer humanitären Katastrophe im Gazastreifen gezwungen wäre, diese zu stoppen. »Es gibt keinen Widerspruch« zwischen den Kriegsanstrengungen und der begleitenden humanitären Hilfe, denn beide zusammen helfen den Geiseln, so Netanjahu.
Am Mittwochabend hat das israelische Sicherheitskabinett entschieden, die Treibstoffmenge, die täglich in den Gazastreifen gebracht werden darf, minimal zu erhöhen. Die Mindestmenge werde von Zeit zu Zeit vom Kriegskabinett in Übereinstimmung mit der humanitären Lage im Gazastreifen festgelegt, hieß es aus dem Büro des Premierministers.
Am Montag hatte Oberstleutnant Yotam Shefer, Abteilungsleiter beim Koordinator für Regierungsaktivitäten in den Palästinensergebieten (COGAT), vor Journalisten eine Einschätzung der humanitären Lage und der Hilfslieferungen gegeben. Dabei erläuterte er, dass Israel mehrere Mechanismen zur Beurteilung und Bewertung der Situation in Gaza habe. »Nach unseren Erkenntnissen gibt es keinen Mangel an humanitären Hilfsgütern in Gaza«, so Shefer. »Ich kann auch sagen, dass wir eng mit den USA, den Vereinten Nationen und anderen zusammenarbeiten, um so viele humanitäre Hilfsgüter zu liefern, wie angefordert und benötigt werden, und wir schränken die Menge an Lebensmitteln, Wasser und medizinischen Hilfsgütern, die in den Gazastreifen gelangen, nicht ein.«
Shefer wies darauf hin, dass die Hamas vom ersten Tag des Krieges versucht habe, die humanitäre Lage zu verschlechtern. So seien von der Terrororganisation Strom- und Wasserleitungen beschädigt worden. Darüber hinaus würden Zivilisten und zivile Infrastruktur als Schutzschilde eingesetzt. Er unterstrich, dass sich Israel im Krieg mit der Hamas befinde, nicht mit den Menschen in Gaza. »Und deshalb haben wir trotz allem, was wir verstehen und was wir sehen, umfangreiche humanitäre Anstrengungen unternommen, um der Bevölkerung zu helfen.« ja/dpa