Libanon

Iron Dome und Co.

Erfolgsquote von über 90 Prozent: Iron Dome Foto: copyright (c) Flash90 2023

Zurück zur Normalität. Wobei die aktuelle Situation im Norden Israels von den wenigsten als »normal« bezeichnet werden würde. Sicher nicht von den mehr als 70.000 Menschen, die seit fast elf Monaten wegen des Dauerbeschusses nicht zurück in ihr Zuhause können. Nach dem massiven, doch relativ kurzen Beschuss Israels am Sonntagmorgen durch die schiitische Terrormiliz Hisbollah hat sich die Lage an der Grenze erst einmal wieder beruhigt. Die Hisbollah versicherte, dass sie keinen umfassenden Krieg wolle.

Zuvor, in der Nacht auf Sonntag, hatten Informationen der israelischen Armee (IDF) und befreundeter internationaler Dienste ergeben, dass die Hisbollah den Abschuss Tausender von Raketen und Drohnen auf Israel, einschließlich Tel Aviv, vorbereitete. Die IDF berichtete, dass sie daraufhin mit mehr als hundert Kampfjets Raketenwerfer im Libanon zerstört habe.

Am nächsten Morgen gab die Schiitenmiliz bekannt, dass »die erste Phase« der angeblichen Reaktion auf die Tötung des ranghöchsten Befehlshabers der Organisation, Fuad Shukr, begonnen habe, und erklärte, mehr als 320 Geschosse abgefeuert zu haben, darunter elf auf militärische Ziele. Die IDF sprach von mehr als 200 Geschossen. Israel verhängte den Ausnahmezustand, der Stunden später wieder aufgehoben werden konnte. Der Angriff verursachte Sachschaden, es gab weder Tote noch Verletzte.

Normalität dank Israels Abwehrsystemen

Das ist in erster Linie den Abwehrsystemen Israels zu verdanken. »Wir haben eine exzellente Luftwaffe«, resümiert der ehemalige Leiter der Verteidigungsdivision der israelischen Luftwaffe, Ilan Biton. Das allerdings wüssten auch die Feinde und würden daher andere Wege des Kampfes entwickeln. »Sie brauchen weder Flugzeuge noch Piloten. Denn es gibt Raketen und Drohnen.«

»Sie brauchen weder Flugzeuge noch Piloten. Denn es gibt Raketen und Drohnen.«

Ilan Biton

Der Terror aus dem Libanon habe in den 70er-Jahren begonnen, damals mit Katjuscha-Raketen auf Kirjat Schmona, führt Biton aus. Die Methode der 80er-Jahre sei gewesen, mit Paraglidern zu versuchen, die Grenze zu überqueren, um dann in Israel am Boden Terroranschläge zu verüben. »Doch jetzt kommt der Terror aus der Luft. Wir sehen uns heute mächtigen Präzisionsraketen gegenüber.«

Die Antwort des jüdischen Staates ist ein ausgeklügeltes, umfassendes Verteidigungssystem, »das in mehreren Schichten aufgebaut ist«, so der Experte. 2011 hatte es das erste Abfangmanöver mit dem Iron Dome gegeben. Die neueste Errungenschaft ist der Arrow 3. Die älteren Technologien »Davids Schleuder« und die schon legendäre »Eiserne Kuppel« (Iron Dome) seien vor allem zur Abwehr von Kurzstreckenraketen effektiv, erläutert er. Und selbst wenn eine Abfangrakete Geschosse verfehlen sollte, gebe es weitere Möglichkeiten. Deshalb sei die Erfolgsquote bei der Abwehr so hoch.

»Wir haben abgefangen. Wir haben vereitelt. Gemeinsam werden wir gewinnen«, postete Premierminister Benjamin Netanjahu nach dem erstmaligen direkten Angriff des Irans auf Israel im April. Auch da kam die legendäre israelische Luftabwehr zum Einsatz. Eines ihrer Herzstücke ist der Iron Dome, der von den Firmen Rafael Advanced Defense Systems und Israel Aerospace Industries entwickelt wurde.

Er soll vor allem Kurzstreckenraketen und Artillerie abwehren, wie sie häufig von der Hamas aus Gaza auf Israel abgefeuert werden. Mithilfe eines Radar- und Analysesystems ermittelt Iron Dome, ob eine ankommende Rakete eine Bedrohung darstellt. Das System feuert nur dann eine Abfangrakete, wenn Gefahr für ein besiedeltes Gebiet oder wichtige Infrastruktur besteht. Laut Hersteller und israelischen Experten hat das System eine Erfolgsquote von über 90 Prozent.

Terror aus der Luft

Davids Schleuder decke die mittlere Schicht des Verteidigungssystems ab, das gegen Mittel- bis Langstreckenraketen entwickelt wurde. Sie kam erstmals 2017 zum Einsatz. Die Systeme Arrow 2 und 3, die höchstentwickelte Ebene der Abwehr, sind darauf ausgelegt, Raketen abzufangen, die kurzzeitig außerhalb der Erdatmosphäre fliegen. Arrow 3 kam im vergangenen Jahr zum ersten Mal zum Einsatz, als es eine Rakete abfing, die von den Huthis im Jemen auf die israelische Stadt Eilat abgefeuert wurde.

Allerdings gebe es eine relativ neue Bedrohung am Himmel über Israel, weiß Biton: Kampfdrohnen. Wie die Raketen seien auch sie weiterentwickelt worden: bei der Reichweite und beim Angriffsmodus. »Gleichzeitig sind sie sehr klein, billig und vor allem schnell. Die Zeit, die wir haben, um sie zu entdecken, ist sehr kurz.«

In den 50er-Jahren, als die ersten öffentlichen Bunker in Israel gebaut wurden, ertönten die Sirenen etwa 30 Minuten vor einem Einschlag. Genug Zeit, um sich in aller Ruhe in einen Schutzraum zu begeben und vorher sogar noch das Nötigste einzupacken.

Doch heute, im Zeitalter hoch entwickelter und rasend schneller Geschosse, ist die Zeit unfassbar knapp. Je nachdem, wo sie leben, haben die Einwohner Israels nur 15 bis 90 Sekunden, um sich in Sicherheit zu bringen, sobald die Sirenen heulen oder der Alarm über die App des Heimatfrontkommandos auf ihren Mobiltelefonen ertönt.

»Unsere Luftabwehr ist darauf ausgelegt, mit den Waffen der Hisbollah fertigzuwerden.«

Hilla Haddad Chmelnik

Doch natürlich habe Israel neben seiner Verteidigungsstrategie auch die Möglichkeit des Angriffs. »Und das gibt unseren Anführern Flexibilität«, so der einstige Brigadegeneral. »Die Schwierigkeit liegt heute darin, die richtige Balance zwischen Angriff und Verteidigung zu finden.«

Richtige Balance zwischen Angriff und Verteidigung

Hilla Haddad Chmelnik ist Luft- und Raumfahrtingenieurin, die an der Entwicklung des Iron Dome beteiligt war, sowie ehemalige Generaldirektorin des Ministeriums für Innovation und Wissenschaft. Im Interview in dem Wirtschaftsmagazin »Globes« sagte sie, dass Israel in den vergangenen Monaten viele Erfolge gegen die Hisbollah gesehen habe. Es sei klar gewesen, dass die Terrorgruppe im Libanon erhebliche Feuerkraft einsetzen werde. »Sie wollten eine Rechnung aufmachen, in der sie strategische, militärische oder politische Standorte attackieren zum Ausgleich für die Angriffe auf eigene Stellungen.«

Zu Beginn des Krieges sei die Auseinandersetzung mit kleinen Drohnen für die Luftwaffe problematischer gewesen, aber nach und nach habe sie Lösungen dafür gefunden. »Unsere Luftabwehr ist darauf ausgelegt, mit der Menge und Art der Waffen der Hisbollah fertigzuwerden«, so die Expertin.

Die Luftwaffe sei dafür konzipiert, einen Präventivschlag durchzuführen, »denn ein Angriff dieser Art, mit diesen Raketen, durch die Hisbollah erfordert eine viel längere und kompliziertere Vorbereitung, als wir es bisher gesehen haben«.

Es sei daher möglich, sie durch Geheimdienstinformationen, über die die Armee auf diesem Gebiet verfüge, zu identifizieren. So wie es am letzten Wochenende der Fall war. »Aber auch wenn die Raketen wirklich abgefeuert worden wären«, macht Chmelnik klar, »unser Luftabwehrsystem wäre mit ihnen fertig geworden.«

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