Der israelische Regierungschef Naftali Bennett setzt im Kampf gegen steigende Zahlen der Corona-Infektionen auf Impftermine rund um die Uhr. Auch am Schabbat solle die Impfkampagne fortgesetzt werden, betonte er am Freitag bei einem Treffen mit den Chefs von Gesundheitsdiensten und Krankenkassen. Da es um das Retten von Menschenleben gehe, müssten die Impfungen Tag und Nacht, an allen sieben Tagen der Woche angeboten werden, sagte Bennett einer Mitteilung zufolge.
Für religiöse Juden ist die Einhaltung der Schabbatruhe ein wichtiges Gebot. Auch im säkular geprägten Tel Aviv fahren von Freitagnachmittag bis Samstagabend keine Busse oder Züge. Bennett rief auch dazu auf, in der kommenden Woche das Impftempo zu verdoppeln, indem Militärärzte zu den Impfungen hinzugezogen werden. Mit Verteidigungsminister Benny Gantz sei die Unterstützung durch die Militärärzte bereits vereinbart worden.
»Wir werden alles tun, um Lockdowns zu vermeiden«, schrieb Bennett zudem am Samstagabend auf seiner Facebook-Seite. Ein Lockdown sei das »letzte Mittel« und habe einen schrecklichen Preis. »Wenn wir mit der Politik der Lockdowns und wirtschaftlich destruktiver Maßnahmen weitermachen, werden wir wirtschaftlich zusammenbrechen«, warnte Bennett.
hochrisikogebiet Am Sonntag befanden sich erstmals seit dem Frühjahr mehr als 500 Covid-Patienten in den Krankenhäusern in kritischem Zustand. Am Samstag waren 4145 neue Corona-Infektionen registriert worden. Allerdings wird am Wochenende weniger getestet – an den vorangegangenen Tagen waren täglich rund 6000 Infektionen registriert worden. In Deutschland gilt Israel seit diesem Sonntag als Hochrisikogebiet.
Am Sonntag befanden sich erstmals seit dem Frühjahr mehr als 500 Covid-Patienten in den Krankenhäusern in kritischem Zustand.
Der Beitrag der Israelis zum Kampf gegen die Pandemie müsse sein: »Lasst euch impfen.« Bennett rief außerdem dazu auf, Versammlungen zu vermeiden und in Innenräumen Masken zu tragen. Israel hatte als erstes Land weltweit der über 60-jährigen Bevölkerung eine dritte Impfung angeboten und am Freitag damit begonnen, auch eine dritte Impfung für über 50-Jährige anzubieten, deren letzte Impfung fünf Monate oder länger zurückliegt.
In Tel Aviv und zehn anderen Städten des Landes sollen noch bis Dienstagnacht Impfangebote zu »unkonventionellen Zeiten« bestehen. Bisher haben mehr als 866.000 Israelis eine dritte Impfung erhalten. Die allgemeine Impfquote stagniert hingegen weitgehend – etwas mehr als 58 Prozent der 9,4 Millionen Menschen des Landes sind vollständig geimpft.
Nach Zahlen des Gesundheitsministeriums hat die Wirksamkeit der BioNTech/Pfizer-Impfungen in Israel seit Anfang Juni stark nachgelassen. Danach verhindert die Impfung eine Corona-Infektion nur noch zu 39 Prozent und schwere Erkrankungen zu 91 Prozent. Gleichzeitig verbreite sich im Land die ansteckendere Delta-Variante, hieß es. Allerdings kritisieren auch Experten der Regierung, dass die Zahlen zur Wirksamkeit nicht wissenschaftlich erhoben seien. dpa/ja