David Stav sorgt schon seit Wochen für Schlagzeilen – in Zusammenhang mit einem Thema, das die breite Öffentlichkeit in Israel normalerweise eher unberührt lässt: Es geht um die Wahl des Nachfolgers des aschkenasischen Oberrabbiners Yona Metzger, die voraussichtlich im Juni stattfindet. Die Chancen des 53-jährigen Stav stehen nicht schlecht. Parteien wie Jesch Atid unterstützen ihn, weil der Oberrabbiner der Stadt Shoham einen moderateren Kurs fahren will als die bisherigen Amtsinhaber.
Stav hat in der Armee gedient, ebenso seine neun Kinder. Der große, dünne Mann mit seiner Häkelkippa gehört zur religiös-zionistischen Bewegung und sieht sich »als Teil der israelischen Gesellschaft«. Das betonte er jüngst in einem Interview mit der Zeitung Haaretz und grenzte sich damit bewusst von den in ihrer eigenen Gemeinschaft lebenden Ultraorthodoxen ab.
Weil das Oberrabbinat jedoch seit Jahrzehnten unter dem Einfluss der Charedim steht, will Stav nun das ganze System ändern, sollte er bei der Wahl Erfolg haben. So soll die Lizensierung für koschere Restaurants vereinheitlicht werden. Bisher ist ein Restaurantbesitzer beim Erlangen des Zertifikats oft abhängig vom guten Willen des jeweiligen Rabbiners. Daneben soll es leichter werden, zum jüdischen Glauben zu konvertieren, und Frauen sollen es bei Scheidungen einfacher haben.
Halacha Stavs Mission: Säkulare Israelis sollen den Weg zur Religion finden. Die Bereitschaft sei vorhanden, meint er und verweist auf den Ausgang der letzten Parlamentswahlen, bei der Naftali Bennett mit seiner nationalreligiösen Partei Jüdisches Haus zwölf Sitze gewann. »Die Menschen wollen Zionismus und Judentum«, so Stav, der auch auf Facebook für sich wirbt.
Trotz dieser auf den ersten Blick volksnahen Haltung erntet Stav Kritik. Zum einen von den Charedim, zum anderen von säkularen Israelis, die eine Trennung von Staat und Religion fordern und die Autorität des Oberrabbinats hinsichtlich ihrer persönlichen Entscheidungen bei Heirat, Scheidung und Begräbnis nicht akzeptieren. Aber in diesem Punkt, wie in zahlreichen anderen Bereichen, geht Stav keine Kompromisse ein und beruft sich auf die Halacha.
Im Juni steht auch der Oberrabbiner der Sefardim zur Wahl. Wie es aussieht, könnte Amtsinhaber Shlomo Amar eine zweite Amtszeit antreten. Israelische Medien berichten, dafür sei eigens ein Gesetz in Arbeit, das die neue Knesset verabschieden soll. Hinter den Kulissen ist ein Machtkampf zwischen der inzwischen in der Opposition sitzenden Schas-Partei und Bennetts Partei entbrannt. Will Bennett seinen Wunschkandidaten Stav als Oberrabbiner der Aschkenasim etablieren, muss er dafür sorgen, dass die Knesset das »Amar-Gesetz« passieren lässt und die Schas so ihren Wunschkandidaten behält.