Wenn am Schabbat die Sonne untergeht und die Flutlichter den Rasen an der Derech Hatayasim im Osten Tel Avivs bestrahlen, dann betreten Kobi, Emanuel, Elliot und die anderen Spieler das Feld. Eine kleine jüdische Weltmeisterschaft beginnt: der Olim Cup. Junge Olim chadaschim – jüdische Neueinwanderer – spielen hier einmal im Monat gegeneinander, in den Teams ihrer Herkunftsländer, in der neuen Heimat Israel.
Fünf gegen fünf Spieler, je 15 Minuten. Brasilien, Deutschland, Schweiz, Italien, Holland, England, Belgien und Israel treten an. Aufwärmzeit: 25 Minuten. Zumindest für die Jeckes. Emanuel Goldfein (26) und Kobi Nachmani (27) sind mit ihren Teamkollegen als eine der ersten Mannschaften auf dem Platz. Keine halbe Stunde mehr bis zum Spiel. »Wir haben vorher nicht gemeinsam trainiert. Das muss so gehen«, sagt Emanuel.
Diese Einstellung teilen die meisten der rund 60 Spieler. Sie sind keine Profis, wollen Spaß haben und vielleicht gewinnen, wenn’s klappt. »Das wird diesmal schwer«, sagt Emanuel. Brasilien, Belgien und die Schweiz sind die Gegner in der Vorrunde. »Belgien ist Titelverteidiger. Wir müssen aufpassen«, sagt Emanuel.
bolzplatz Kobi und Emanuel haben schon als Kinder in Bayern gemeinsam auf dem Bolzplatz gestanden, später beim TSV Maccabi München gekickt. Beide leben seit einigen Jahren in Tel Aviv, Emanuel studiert, Kobi arbeitet. Nun spielen sie wieder zusammen. Am Ende steht es 1:1 gegen die Brasilianer.
»Wir müssen schneller spielen«, meint Emanuel. Bis zur letzten Minute steht es zwar gegen die Schweizer 1:0, dann fällt doch noch das Gegentor. Auch gegen die Belgier nur ein 2:2. »Wir sollten auf jeden Fall mehr trainieren«, sagt Kobi.
Schließlich sind einige Spieler aus der Übung, denn die meisten Olim chadaschim spielen in Israel nicht mehr im Verein. »Eine Vereinskultur wie in Deutschland gibt es hier einfach nicht«, erklärt Kobi. Das hat sich auch der Niederländer Elliot Hollander (29) vor einigen Monaten gedacht und zusammen mit dem Schweizer Mike Langer (30) den Cup ins Leben gerufen.
»In Holland ist Amateurfußball gut organisiert, alle paar Kilometer sieht man ein anderes Spielfeld«, sagt Elliot, der vor zwei Jahren Alija gemacht hat. »Ich habe damals wöchentlich in Amsterdam gespielt.« Jetzt, erzählt er, sei er berufstätig, wie viele der Spieler. Da könne man nicht mehr ständig trainieren. Und so mieten die beiden monatlich zwei Spielfelder, die Kosten werden auf die Mannschaften verteilt, umgerechnet je 37 Euro.
Identität Kobi trägt das Trikot der deutschen Nationalelf – man gibt sich patriotisch. Schließlich tragen auch die Holländer Orange, die Brasilianer Gelb und die Schweizer Rot. Ganz streng sehen die Jungs die Nationalität zwar nicht: Im deutschen Team spielt Emmanuel aus Luxemburg, bei den Engländern Oren aus Israel. Und doch geht es beim Olim Cup auch um Heimat und Identität.
In den vergangenen fünf Jahren haben rund 9.300 Juden Alija gemacht. Andere leben mit Visum in Israel – wie Kobi. »Ich fühle mich hier als deutscher Jude. Die Kultur, das Benehmen und die Mentalität werde ich, glaube ich, mein ganzes Leben lang beibehalten«, sagt er. Was die jungen Einwanderer vereint, sind ihr Jüdischsein und ihre Liebe zum Fußball. »Beim Olim Cup kommt ein Gefühl von internationalem Fußball auf«, sagt Kobi.
Ins Finale schaffen es an diesem Abend England und Belgien, Belgien gewinnt mit 1:0. Deutschland ist wie Brasilien schon in der Vorrunde ausgeschieden und landet auf dem sechsten Platz. »Daran sieht man, dass das keine richtige Weltmeisterschaft ist«, scherzt Kobi. Es ist zwar nur der Olim Cup. Und doch ist sich Elliot sicher: »Für ein paar Stunden im Monat können 60 Jungs hier so tun, als ob sie für ihre Nationalmannschaft spielen.«