Gaza

Harte Arbeit an Feuerpause

John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, mit der Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Die internationalen Vermittler im Gaza-Krieg bemühen sich hinter den Kulissen weiter unter Hochdruck um eine befristete Feuerpause und eine Freilassung von mehr als 100 Geiseln, die weiterhin von der palästinensischen Terrororganisation Hamas festgehalten werden.

Aus den USA und Katar, die zusammen mit Ägypten die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und den Hamas-Terroristen ermöglichen, kamen zuletzt verhalten optimistische Signale. Im Gazastreifen setzte Israel derweil seine Militäroffensive gegen den Terror fort.

Die zentralen Ziele der Streitkräfte (IDF) sind die Befreiung der Geiseln und die Zerschlagung der Hamas. Die Terrorgruppe soll nicht mehr in der Lage sein, von ihr bereits angekündigte, weitere Massaker in Israel zu begehen. Zugleich versuchten die IDF, Opfer unter Zivilisten in Gaza so gut es geht zu vermeiden. Da die Hamas ihre eigene Bevölkerung als lebenden Schutzschild missbraucht, ist dies alles andere als einfach.

Verhaltener Optimismus

Es habe »bedeutende Fortschritte« gegeben, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, am Dienstag (Ortszeit) in Washington zu den Vermittlungsbemühungen. »Aber es ist noch nicht alles durch. (…) Die Teams arbeiten sehr, sehr hart daran, wir glauben, dass wir (einer Einigung) näher kommen.«

Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des katarischen Außenministeriums: »Wir bleiben optimistisch, auch wenn es keine besonderen Entwicklungen gibt. Die Bemühungen gehen weiter, alle Seiten stehen in ständigem Kontakt zueinander.« Israels Ministerpräsident hatte Katar unlängst als einen problematischen Vermittler bezeichnet, denn das Emirat gilt neben dem Iran als Co-Finanzier der Hamas.

US-Präsident Joe Biden hatte am Vortag seiner Zuversicht Ausdruck verliehen, dass eine sechswöchige Feuerpause bis zum muslimischen Fastenmonat Ramadan in Kraft treten könnte. Die den Muslimen besonders heilige Festperiode beginnt um den 10. März. »Es geht nicht darum, es mit aller Gewalt bis zum Ramadan hinzubekommen, sondern darum, die beiden Seiten zum Abschluss des Deals zu bringen«, sagte Kirby.

40 Geiseln für 400 Häftlinge

Die Konturen einer möglichen Vereinbarung zeichnen sich unterdessen immer deutlicher ab. Während der sechswöchigen Feuerpause solle die Hamas knapp 40 israelische Geiseln im Gegenzug für rund 400 Palästinenser in israelischen Gefängnissen freilassen, berichtete der israelische Fernsehsender Channel 12 am Dienstagabend unter Berufung auf Regierungskreise.

Der Plan sieht demnach vor, dass sieben israelische Zivilistinnen gegen 21 palästinensische Sicherheitshäftlinge ausgetauscht werden. Für fünf israelische Soldatinnen würden 90 palästinensische Häftlinge freikommen, von denen 15 wegen schwerer Terroranschläge verurteilt wurden.

15 männliche Geiseln im Alter von über 50 Jahren würden gegen 90 weitere palästinensische Häftlinge, 13 männliche Geiseln mit schweren Krankheiten oder Verletzungen gegen weitere 156 palästinensische Gefangene ausgetauscht werden. Außerdem sollen 40 weitere Palästinenser freikommen, die 2011 bei einem Austausch gegen den von der Hamas entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit freigelassen wurden und seitdem erneut in israelische Haft gelangt sind.

Umfassende Friedenslösung

Israel bleibe aber pessimistisch, dass es zu einer zügigen Vereinbarung komme, berichtete Channel 12. Die Hamas hält wiederum - wie ein Sprecher am Montag in Beirut betonte - an ihrer Forderung nach einer permanenten Feuerpause fest, auf die Israel nicht eingehen will. Die Hamas selbst hatte bisher alle Feuerpausen, die jemals mit Israel vereinbart worden waren, gebrochen.

Der jüdische Staat möchte sich die Möglichkeit der Fortsetzung des Krieges vorbehalten, um die Hamas im Gazastreifen vollständig zu zerschlagen. Die Vermittlerstaaten sehen wiederum in einer vorerst befristeten Waffenruhe die Chance, in weiteren Verhandlungen zu einer umfassenden Friedenslösung zu gelangen.

Weder die Hamas noch die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) will jedoch Frieden. Wichtigstes Ziel der Hamas ist eine Vernichtung Israels, wie aus ihrer Satzung hervorgeht. Die PA erkennt Israel nicht einmal als Staat an, will kein Friedensabkommen unterzeichnen und bezahlt Terroristen Gehälter - dafür, dass sie Israelis ermorden.

Einsatz in Gaza Stadt

Die israelischen Streitkräfte weiteten indes ihren Einsatz in der Stadt Gaza aus. Bodentruppen gingen mit Unterstützung der Luftwaffe im Stadtteil Seitun gegen Kampfeinheiten der Hamas und Einrichtungen der Terrormiliz vor, teilte das Militär am Dienstag mit.

Unter anderem stießen die Soldaten demnach auf eine Waffenproduktionsstätte, ein Waffenlager, Raketenabschussstellungen und militärische Ausrüstung. Zudem entdeckten sie den Angaben zufolge eine Gruppe von Hamas-Kämpfern in einem Tunneleingang, worauf sie den Schacht zerstörten und die Hamas-Männer töteten.

Das UN-Nothilfebüro OCHA warf dem israelischen Militär vor, einen Krankenwagen-Konvoi mit 24 evakuierten Patienten sieben Stunden lang aufgehalten zu haben. Das Militär habe alle Patienten, die laufen konnten, und die Sanitäter aus den Krankenwagen gezwungen, berichtete OCHA-Sprecher Jens Laerke am Dienstag in Genf.

Terror-Verdacht gegen Sanitäter

Darunter seien eine Schwangere und eine Mutter mit neugeborenem Baby gewesen. Der Zwischenfall hatte sich demnach am Sonntag vor dem Al Amal-Krankenhaus in Chan Junis ereignet. Der Konvoi sei von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geführt und ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt gewesen.

Die israelische Armee teilte dazu auf Anfrage mit, dass sich in dem Konvoi zwei Sanitäter befunden hätten, die das Militär wegen möglicher Verwicklung in terroristische Aktivitäten festgenommen habe. Krankenwagen in Gaza werden nach israelischen Erkenntnissen regelmäßig als Transportmittel für Hamas-Terroristen missbraucht.

UNO-Unterorganisationen wie das OCHA und die UNRWA beschweren sich seit Beginn des Krieges regelmäßig über Israel, sehen aber davon ab, den Terror, die Massaker und die Geiselnahmen der Hamas zu kritisieren.

Finanzmittel für UNRWA

Der für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic drängte derweil auf eine weitere Finanzierung der UNRWA - trotz der Verbindung zahlreicher Mitarbeiter des Palästinenserhilfswerks zum Terror.

»Wir müssen die Risikoumgebung, in der UNRWA tätig ist, anerkennen und dürfen nicht zu kollektiver Bestrafung greifen oder zum weiteren humanitären Zusammenbruch im Gazastreifen beitragen«, sagte Lenarcic am Dienstag im EU-Parlament in Straßburg.

Deutschland und 15 andere Länder hatten ihre Zahlungen an UNRWA aufgrund der Terror-Vorwürfe eingefroren. dpa/ja

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