Nach dem jüngsten Vorschlag internationaler Vermittler für eine befristete Waffenruhe im Gazastreifen hat die palästinensische Terrorgruppe Hamas nach Angaben der Regierung Katars positive Signale gesendet.
»Wir haben von der Hamas eine positive Antwort erhalten, sie beinhaltet mehrere Vorbehalte, aber ist im allgemeinen positiv«, sagte der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am Dienstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Außenminister Antony Blinken in Doha.
Die Hamas selbst teilte mit, sie und ihre Verbündeten seien mit dem Vermittlungsvorschlag »in positivem Geiste« umgegangen. Die Vereinbarung müsse aber zu einem vollständigen und umfassenden Waffenstillstand, einer Beendigung der Blockade des Gazastreifens, dem Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Küstengebiets und der vollständigen Freilassung palästinensischer Gefangener führen.
»Ein wenig übertrieben«
Den letzten Waffenstillstand hatte die Hamas auslaufen lassen, als sie am 1. Dezember, sieben Tage nach der Freilassung der ersten Geisel, wieder Raketen auf Israel abfeuerte. Der israelischen Bodenoffensive war das Massaker vom 7. Oktober vorangegangen, bei der 1200 Menschen in Israel ermordet wurden. Die Terroristen verschleppten 250 Personen. Es kam zu Vergewaltigungen und anderen Verbrechen. Aufgrund des militärischen Drucks, den sie in Gaza erfährt, verhandelt die Terrororganisationen nun indirekt mit Israel, einem Staat, den sie laut ihrer Satzung auslöschen will.
US-Präsident Joe Biden kommentierte die Entwicklung bei den Verhandlungen am Dienstag in Washington mit den Worten: »Es gibt etwas Bewegung.« Es habe eine Reaktion von der Hamas gegeben, sie scheine aber »ein wenig übertrieben zu sein«.
Katar, Ägypten und die USA bemühen sich seit mehreren Wochen intensiv darum, eine Waffenruhe herbeizuführen und die Freilassung von mehr als 130 israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas zu erreichen.
Frauen, Alte und Verletzte
Bei dem Vorschlag der Vermittler handelt es sich nach Medienberichten um ein mehrstufiges Rahmenabkommen, das eine längere Feuerpause vorsieht, aber mehrere wichtige Einzelheiten offen lässt. In der ersten Phase soll die Hamas drei Dutzend weibliche, ältere männliche und verletzte Geiseln freilassen.
Während der Waffenruhe sollen dann Israel und die Hamas über die Vermittler weiter verhandeln, um die Freilassung aller Geiseln in der Gewalt der Hamas zu erreichen.
Im Laufe der bisher einzigen Vereinbarung dieser Art hatte Israel im November 240 palästinensische Gefangene, allesamt Frauen und Jugendliche, im Gegenzug für 105 Geiseln der Hamas, unter ihnen 14 deutsche Staatsbürger, freigelassen.
Zahlreiche Geiseln tot
Knapp vier Monate nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel sind nach Angaben der israelischen Streitkräfte zahlreiche der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln für tot erklärt worden. »Wir haben 31 Familien darüber informiert, dass ihre als Geiseln genommenen Liebsten nicht mehr am Leben sind und ihr Tod bestätigt wurde«, sagte Militärsprecher Daniel Hagari.
»Wir arbeiten weiterhin daran, die Bedingungen zu schaffen, um alle Geiseln heimzuholen.« Zuvor hatte die Zeitung »The New York Times« unter Berufung auf ein vertrauliches israelisches Geheimdienstpapier berichtet, mindestens 30 Geiseln seien bei oder seit dem Hamas-Angriff am 7. Oktober ums Leben gekommen. Zudem gebe es unbestätigte Hinweise auf den Tod von mindestens 20 weiteren Geiseln.
Einige der Verschleppten wurden dem Bericht zufolge bereits während der Attacke auf israelischem Staatsgebiet getötet. Ihre Leichen seien dann in den Gazastreifen gebracht worden. Ihr Tod sei zu diesem Zeitpunkt nicht bestätigt gewesen, weshalb sie als Geiseln gezählt worden seien. Andere erlagen demnach im Gazastreifen ihren Verletzungen oder wurden von Hamas-Terroristen ermordet.
Reaktion der Streitkräfte
In der Zählung der »New York Times« sind auch zwei israelische Soldaten enthalten, die demnach schon 2014 getötet und deren Leichen in den Gazastreifen gebracht wurden.
Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi hat eine gründliche Untersuchung der Reaktion der Streitkräfte auf den beispiellosen Überfall der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober angekündigt. »Unsere Absicht ist sehr klar«, sagte er. »Zu untersuchen, und zu lernen, und den Dingen auf den Grund zu gehen, und keinen Stein auf dem anderen zu lassen.«
Am 7. Oktober hatten Terroristen aus dem Gazastreifen das südliche Grenzgebiet Israels förmlich überrannt, 1200 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln verschleppt. Unter den Opfern waren mehrheitlich Zivilisten, aber auch Soldaten, deren Außenposten an der Gaza-Grenze von den Angreifern gestürmt wurden.
Hinweise auf iranische Zahlungen
Im weitverzweigten Tunnelsystem unter dem Gazastreifen hat das israelische Militär nach eigenen Angaben Belege für Geldflüsse zwischen dem Iran und der Hamas gefunden.
Soldaten hätten Dokumente entdeckt, die Überweisungen in Höhe von über 150 Millionen US-Dollar (140 Mio. Euro) aus dem Iran an die Islamistenorganisation und deren Anführer im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, aus den Jahren 2014 bis 2020 belegten, sagte Militärsprecher Hagari. Dazu veröffentlichten die Streitkräfte mehrere Dokumente sowie Fotos von Umschlägen und Bargeld.
Der argentinische Präsident Javier Milei kommt derweil zu Gesprächen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zusammen. Er gilt als treuer Verbündeter Israels und kündigte zum Auftakt seiner Reise bereits an, die argentinische Botschaft von Tel Aviv in die Hauptstadt Jerusalem zu verlegen. dpa/ja