Wenn man von den ungelösten politischen Problemen einmal absieht, präsentieren sich die nächsten Monate in Israel reichlich paradiesisch – zumindest in der Optik der Konjunkturexperten. Während in den meisten Ländern Rezession, steigende Arbeitslosigkeit, ein negatives Konsumklima und eine zunehmende Staatsverschuldung die Wirtschaftsaussichten trüben, verbreiten die Kenner der israelischen Ökonomie Optimismus.
Von einem »fantastischen Wachstum« spricht zum Beispiel Schlomo Maoz, Chef-ökonom beim Tel Aviver Investmenthaus Excellence Nessuah. Seine Zuversicht begründet er mit steigenden Steuereinnahmen, einem anziehenden Konsum der privaten Haushalte, steigenden Gewinnen und höheren Investitionen. Maoz ist in bester Gesellschaft. Auch Barclays Capital rechnet in ihrer jüngsten Israel-Studie mit einem Boomjahr. Die Rezession habe Israel nahezu ohne Schaden überstanden, weil der Finanzsektor des Landes weniger verletzlich gewesen sei als in den meisten Volkswirtschaften des Westens. Die Prognostiker überbieten sich derzeit förmlich, wenn es um den künftigen Konjunkturtrend in Israel geht. Barclays rechnet für 2010 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent und 3,1 Prozent im Folgejahr. JP Morgan rechnet für 2010 sogar mit einem BIP-Wachstum von 3,6 Prozent und von 4,5 Prozent im Jahr 2011.
Export Alimentiert wird der Aufschwung vor allem von den Ausfuhren. Sie wuchsen im dritten Quartal um stolze 33 Prozent, wenn man den Quartalswert aufs ganze Jahr umrechnet. Besonders hoch war die ausländische Nachfrage nach Hightech-Produkten. Die Technologieexporte stiegen in den Monaten September bis November, aufs Jahr hochgerechnet, um stolze 40 Prozent. Und der Trend zeigt weiter nach oben, meinen Bankökonomen. Sie erwarten, dass die Ausfuhren im Jahr 2011 um 65 Prozent zulegen werden.
Bereits jetzt befindet sich die Wirtschaft auf Wachstumskurs. Im dritten Quartal habe sich der Aufwärtstrend konsolidiert, schreibt die Bank Hapoalim in ihrem jüngsten Konjunkturbericht. Sie sei um 2,2 Prozent gewachsen, wenn man das Ergebnis des 3. Quartals aufs ganze Jahr hochrechnet. Im Finanzministerium geht man von einer Reduktion der Arbeitslosenquote aus. Sie soll im Laufe des nächsten Jahres von heute 7,7 Prozent auf sechs Prozent fallen. Das positive Klima beflügelt das Ausgabeverhalten der Bürger. Der private Konsum dürfte bis 2011 um weitere drei Prozent zunehmen. Die Tel Aviver Börse reflektiert derzeit die gute Wirtschaftsstimmung. Der Index »Tel Aviv-25« ist seit Januar um 75 Prozent gestiegen.
Die Auswirkungen der Finanzkrise haben Israels Konjunkturdaten kaum in Mitleidenschaft gezogen. Das Sozialprodukt im dritten Quartal war zwei Prozent höher als im letzten Quartal 2007, als die Rezession in den USA begonnen hatte. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum verzeichnete die Wachstumsrate des Sozialprodukts in Industrieländern ein deutliches Minus: -3 Prozent in den USA, -3.6 Prozent im Euroraum, -5 Prozent in Großbritannien, und -5,7 Prozent in Japan. Dass Israels Wirtschaft die globale Rezession relativ gut überstanden hat, bestätigten Mitte Dezember auch die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Sie loben vor allem die Fiskal- und Geldpolitik der Israelis. Experten erwarten zwar eine Preissteigerung, die im Sommer bei vier Prozent liegen könnte. Aber die Notenbank haben die inflationären Tendenzen im Griff, heißt es zum Beispiel in einem Bericht von JP Morgan.
Von der globalen Wirtschaftskrise wurde Israel relativ spät und bloß schwach ergriffen, fasst ein Report des Währungsfonds zusammen. Seit 2008 habe Israel den Status eines »sicheren Hafens« angenommen, stellen die IWF-Experten fest. Es sei zu einem starken Anstieg der Netto-Kapitalzuflüsse gekommen, was bei der Landeswährung zu einer starken Aufwertung geführt habe.