In Israel haben Tausende Menschen bei Demonstrationen den Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erhöht. Sie verlangten, dass mehr für die Freilassung der Geiseln im Gazastreifen getan wird. Seit nunmehr 120 Tagen befinden sich die noch mehr als 130 Geiseln in der Gewalt der palästinensischen Terrororganisation Hamas.
Netanjahu wird vorgeworfen, die Bemühungen um die Freilassung der Geiseln seinem eigenen politischen Überleben unterzuordnen. Er regiert zusammen mit ultra-rechten religiösen Parteien. Deren Führungsleute drohen mit der Sprengung der Regierungskoalition, sollte Netanjahu Zugeständnisse an die Hamas machen.
Ein von den Vermittlern USA, Ägypten und Katar kürzlich in Paris ausgehandelter Vorschlag, der die stufenweise Freilassung der Geiseln im Gegenzug für eine längere Feuerpause sowie für die Freilassung palästinensischer Gefängnisinsassen vorsieht, soll von Israels Verhandlungsführern akzeptiert worden sein.
Terrorführer diskutieren Entwurf
Man diskutiere den Entwurf derzeit noch und werde die eigene Position dazu »bald« bekannt geben, sagte Osama Hamdan, ein Vertreter der im Exil lebenden politischen Hamas-Führung in Beirut der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Sonntag. Ohne eine Waffenruhe werde es keine Freilassung von Geiseln geben, fügte Hamdan hinzu.
Die Hamas und andere extremistische Gruppen hatten am 7. Oktober den Süden Israels überfallen, 1200 Menschen getötet und rund 250 Geiseln entführt. Auf das schlimmste Massaker in seiner Geschichte reagierte Israel mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive im Gazastreifen.
105 Geiseln waren in der bisher einzigen Feuerpause im November gegen 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen ausgetauscht worden. Derzeit werden in dem Küstengebiet am Mittelmeer noch 136 Geiseln festgehalten. Israel geht davon aus, dass knapp 30 von ihnen nicht mehr am Leben sind.
Angriffe gegen Huthi
Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges gehen die USA mit verstärktem Druck gegen die Huthi vor, die wie die Hamas und die Hisbollah vom Iran unterstützt werden. Zusammen mit den Streitkräften Großbritanniens griff die US-Luftwaffe in der Nacht zum Sonntag erneut Stellungen der Huthi im Jemen an. Mit Unterstützung weiterer Länder seien 36 Ziele an 13 Orten attackiert worden, teilte das US-Verteidigungsministerium in Arlington (Virginia) mit.
Erst am Vortag hatten die Amerikaner umfangreiche Luftangriffe gegen Milizen im Irak und Syrien geflogen, die wie die Huthi mit dem Iran verbündet sind und kürzlich bei einem Drohnenangriff in Jordanien drei US-Soldaten getötet hatten. Der Weltsicherheitsrat soll sich am Montag auf Betreiben Russlands mit den Vergeltungsschlägen beschäftigen. Moskau, das einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, wirft Washington vor, gezielt eine Eskalation des Konflikts in Nahost herbeiführen zu wollen.
Die Huthi agieren aus Solidarität mit der Hamas. Sie nehmen seit Beginn des Krieges in Israel und Gaza vor fast vier Monaten immer wieder Handelsschiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer ins Visier. Das erklärte Ziel der USA und ihrer Verbündeten ist es, die militärischen Fähigkeiten der Huthi zu schwächen und so die für den Welthandel wichtige Schifffahrtsroute zu schützen.
Schutz unschuldiger Leben
Es handle sich bei dem erneuten Schlag nicht um eine Eskalation, sagte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps. Vielmehr sollten unschuldige Leben geschützt und die Freiheit der Schifffahrt bewahrt werden.
Die Huthi wollen ihre Attacken im Roten Meer jedoch fortsetzen. Die Bombardements »werden unsere Position nicht ändern«, sagte Mohammed al-Buchaiti, Mitglied des Politbüros der militanten Huthi-Bewegung. »Wir werden auf Eskalation mit Eskalation antworten«.
Unterdessen feuerten die US-Streitkräfte am Sonntagmorgen erneut auf eine Antischiffsrakete der Huthi. Sie sei im Jemen zum Abschuss auf Schiffe im Roten Meer vorbereitet worden und habe eine unmittelbare Gefahr auch für US-Marineschiffe in der Region dargestellt, teilte das US-Zentralkommando auf der Plattform X (früher Twitter) mit. dpa/ja