Im März 2022 kam es in der Negev-Wüste in Israel zu einem historischen Treffen: Die Außenminister vier arabischer Staaten – Bahrain, Marokko, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) – trafen sich mit dem damaligen israelischen Amtsinhaber Yair Lapid sowie mit US-Außenminister Antony Blinken. Die sechs Chefdiplomaten vereinbarten eine engere Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen sowie eine Kooperation in anderen Bereichen.
Möglich geworden war das Ganze durch die sogenannten Abraham-Abkommen von 2020, im Zuge derer Israel offizielle Beziehungen zu vier arabischen Ländern aufgenommen hatte. Jetzt traf sich erneut der Lenkungsausschuss des Negev-Forums, und zwar erstmals in Person und nicht wie die beiden Male zuvor per Zoom. Bei dem zweitätigen Treffen in Abu Dhabi waren rund 150 Regierungsvertreter aus den sechs Teilnehmerstaaten des Negev-Forums anwesend. Medienberichten zufolge war es das größte Treffen seiner Art seit der Nahostkonferenz in der spanischen Hauptstadt Madrid vor über 30 Jahren.
Ziel war es, schon bald ein zweites Ministertreffen vorzubereiten. Ausrichter desselben soll dann nicht Israel, sondern Marokko sein. Ein endgültiger Termin für das Treffen steht noch nicht fest, aber der Gipfel soll noch in diesem Frühjahr stattfinden.
Israel hatte rund zwei Dutzend hochrangige Beamte aus verschiedenen Ministerien entsandt. Darunter war auch Arye Shalicar, der gemeinsam mit einem marokkanischen Kollegen eine der sechs Arbeitsgruppen leitete. Seine Eindrücke von dem zweitägigen Besuch in den Emiraten seien »sehr, sehr positiv«, sagte Shalicar vor seinem Rückflug nach Tel Aviv dieser Zeitung.
THEMENFELDER Die Abraham-Abkommen hätten eine echte Aufbruchstimmung in Nahost ausgelöst. Man kooperiere nun nicht mehr nur auf der Ebene der Regierungen und zu Sicherheitsfragen, sondern auch auf anderen Feldern wie Tourismus, Energie, Koexistenz, Gesundheitswesen und Bildung, betonte er. »Es geht den Beteiligten nicht nur um das Wohl der eigenen Bevölkerung, sondern tatsächlich darum, etwas Gutes für die ganze Region auf die Beine zu stellen.« Mittlerweile seien »wirkliche, enge Freundschaften« zwischen Israelis und Arabern entstanden. Vor allem der Tourismus in die Emirate habe enormen Auftrieb erlangt. »Israelis kommen in riesigen Scharen hierher zu Besuch, und das ist gut so«, sagte Shalicar.
Die Normalisierung der Beziehungen zwischen den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens müsste eigentlich auch ein Anliegen der Europäer sein, findet der in Berlin aufgewachsene israelische Regierungsberater. Das sei leider bislang nicht der Fall. Vielmehr seien es die Amerikaner, die als externer Partner sehr dafür einträten, dass sich Araber und Israelis einander weiter annäherten.
Die Bildung einer neuen, rechtsgerichteten Regierung in Jerusalem war Shalicar zufolge »überhaupt kein Thema« bei dem zweitägigen Treffen in Abu Dhabi - auch nicht auf den Fluren des Tagungszentrums. »Wir waren auf professioneller Ebene im Gespräch, die hohe Politik war kein Thema.«
Israels neuer Außenminister Eli Cohen bezeichnete das Treffen als »einen weiteren Schritt zur Weiterentwicklung und Vertiefung des Abraham-Abkommens und eine gemeinsame Antwort auf gemeinsame Herausforderungen«. Es bestehe das Potenzial, mit konrekten Projekten die Lebensqualität der Bevölkerung in der Region nachhaltig zu verbessern.
DYNAMIK Für Arye Shalicar wäre es wünschenswert, künftig noch weitere Länder in die Initiative aufzunehmen. Neben Jordanien, das bereits 1994 mit Israel einen Friedensvertrag unterzeichnet hat, nannte er in diesem Zusammenhang auch Saudi-Arabien.
Bislang nicht im Negev Forum vertreten sind die Palästinenser. Allerdings betonte das US-Außenministerium in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung, dass die jetzt erreichten Fortschritte genutzt werden sollten, »um eine Dynamik in den israelisch-palästinensischen Beziehungen zu schaffen, die auf eine Verhandlungslösung des israelisch-palästinensischen Konflikts abzielt und Teil der Bemühungen ist, einen gerechten, dauerhaften und umfassenden Frieden zu erreichen.«
Die Vereinigten Staaten würden, so die Erklärung, »weiter mit unseren Partnern in der Region zusammenarbeiten, um diese Vision zu fördern und umzusetzen, auch auf dem bevorstehenden Ministertreffen des Negev-Forums.«