Den Nonnen und Angestellten der Kirche steht der Schock ins Gesicht geschrieben. Erschüttert stehen sie vor den schmauchenden Resten ihres Lagerraumes. Auf die Brotvermehrungskirche in Tabgha am See Genezareth ist in der Nacht vom Mittwoch ein Anschlag verübt worden. Am Morgen danach nimmt die israelische Polizei zehn Jeschiwaschüler unter dem Verdacht der Brandstiftung fest, die sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Zwei Menschen wurden mit leichten Rauchvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert. Zwar gelang es der Feuerwehr schnell, die Flammen einzudämmern, dennoch entstand erheblicher Sachschaden. Ein Lagerraum, Büros und ein Gebetraum wurden beschädigt. Mit blutroter Farbe wurde an die Wand neben dem Feuer ein Hass-Graffiti geschmiert: »Götzenbilder werden zerschmettert«.
schändung Präsident Reuven Rivlin sprach am Donnerstagmorgen mit Abt Gregory Collins, dem Vorsteher des Benediktinerordens in Israel: »Solch eine fürchterliche Schändung einer alten und heiligen Stätte des Gebets ist ein Angriff auf die Lebensstruktur in unserem Land, wo Menschen verschiedener Glaubensrichtungen danach streben, in Harmonie, gegenseitiger Toleranz und respektvoll zusammenzuleben.«
Als Staat und Gesellschaft sei Israel verpflichtet, die heiligen Stätten aller Glaubensgemeinschaften zu schützen und zu erhalten. Er versicherte, dass die zuständigen Autoritäten das Verbrechen untersuchen und das in ihrer Macht Stehende tun würden, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Rivlin fügte hinzu: »Ich glaube, dass wenige Menschen Israel mehr Schaden zufügen als diejenigen, die solche Taten begehen.«
Sicherheitsminister Gilad Erdan verurteilte den Anschlag ebenso aufs Schärfste: »Das ist ein Akt von niedrigster Feigheit. Wir werden nicht erlauben, dass jemand die Koexistenz zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen und Religionen in Israel zerstört. Wir werden keinerlei Toleranz zeigen«. Er wies die nördliche Abteilung der Polizei an, die Aufklärung des Anschlags zur obersten Priorität zu machen.
Reaktionen Zentralratspräsident Josef Schuster sagte: »Mit Entsetzen haben wir die Nachricht vom Brandanschlag auf die Kirche in Tabgha vernommen. Jegliche Angriffe auf religiöse Stätten verurteilen wir zutiefst. Sie sind durch nichts zu rechtfertigen. Wir sind sehr erleichtert, dass dabei keine Menschen getötet wurden. Dem verletzten Mönch wünschen wir rasche Genesung und hoffen, dass die Täter schnell gefasst werden. Israel ist ein sicherer Ort für Christen und wird es bleiben.«
Auch deutsche Rabbiner reagierten entsetzt auf die Nachricht vom Brandanschlag. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) verurteilte die »verabscheuungswürdige Tat aufs Schärfste«. Die Schmierereien an der Wand seien ein Zitat aus einem jüdischen Gebet.
Rabbiner Julian-Chaim Soussan, Mitglied des Vorstandsbeirats der ORD, der sich zurzeit gemeinsam mit seinen liberalen Kollegen und Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz auf einer Israelreise befindet, sagte: »Damit haben die Attentäter das religiöse Selbstverständnis jedes einzelnen Juden beschmutzt. Über Jahrtausende wurden Juden wegen ihres Glaubens verfolgt, ein Jude, der anderen aufgrund derer Überzeugungen Gewalt antut, entehrt das Andenken aller jüdischen Opfer.«
Rabbiner Jonah Sivers, Vorstandsmitglied der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK) betonte, dass Angriffe gegen Angehörige anderer Religionen dem Geist des Judentums widersprechen. Gerade das Alenu-Gebet enthalte die endzeitliche Vision, in der alle Religionen sich gegenseitig respektieren, indem sie Gottes Herrschaft anerkennen.
Die Kirche in Tabgha ist für ihre wundervollen Bodenmosaike weltweit bekannt und eines der Hauptziele christlicher Pilger im Heiligen Land. Hier soll entsprechend des Neuen Testaments Jesus 5000 Menschen mit fünf Brotlaiben und zwei Fischen satt gemacht haben.
Aggression Die katholische Kirche in Israel erklärte in lokalen Medien, dass sie die Brandstiftung als »Weiterführung der Aggression gegen christliche Stätten« ansehe. Diese hätten in den vergangenen Jahren zugenommen. Ihrer Meinung nach kümmerten sich die Sicherheitskräfte nicht ausreichend um die Aufklärung.
Der deutsche Botschafter Andreas Michaelis besuchte sofort die Kirche: »Ich bin erschüttert über den Brand in der Tabgha-Kirche gestern Nacht. Ich verurteile diese Tat. Jegliche Form von Gewalt gegen Vertreter religiöser Institutionen und gegen religiöse Einrichtungen verurteile ich scharf. Es muss sichergestellt werden, dass diese Einrichtungen in Israel, ebenso in Deutschland und Europa, geschützt sind und bleiben. Die Ursache des Brandes muss jetzt zügig und gründlich aufgeklärt werden. Vorfälle dieser Art dürfen sich nicht wiederholen.«