Jeruslaem

Göttliches Geschenk

Brauch: Beter hinterlassen Bittzettel Foto: Flash 90

Israels Premier Benjamin Netanjahu bezeichnete die Klagemauer einmal als »Grundstein unserer Existenz«. Das scheint ein 22 Jahre alter Torastudent aus Jerusalem falsch verstanden zu haben: Er verdiente sich ein Zubrot, indem er Zettel aus den Ritzen pulte und nach Geld suchte.

In vergangenen Jahren soll er so mehrere Hundert Euro verdient haben, sagten Mitschüler einer israelischen Zeitung. Doch diese Woche landete er einen Coup: Er fand einen Scheck aus den USA, der an »die ehrwürdige Klagemauer« auf eine Summe von 100.000 US-Dollar (etwa 70.000 Euro) ausgestellt war. Wohl wissend, dass der Fund für Aufregung sorgen würde, setzte er sich nach Haifa ab, wo er einen Anwalt kontaktierte. Der versicherte ihm, dass der ihm rechtmäßig gehöre, weil es sich nicht um einen Verrechnungsscheck handeln würde, und prüfte gleich noch, ob dieser auch gedeckt war. Jetzt will der arme Student den Scheck einlösen.

Brauch Die Kotel gilt als heiligste der Stützmauer des Jerusalemer Tempels, weil sie dem Allerheiligsten am nächsten war. Der Brauch, Zettel in ihren Ritzen zu hinterlassen, geht mindestens 300 Jahre zurück: »Die erste Quelle, die diesen Brauch beschreibt, ist ein Brief des Rabbiners Or Haim aus Marokko. Er schickte einen Zettel mit einem Gebet nach Jerusalem, mit der Bitte, ihn in die Klagemauer zu stecken«, sagt Jossi Kurzweil, Assistent des zuständigen Rabbiners.

Der Brauch ist so verbreitet, dass die Stadtverwaltung die Ritzen zweimal jährlich leeren muss. Die Zettel werden dann ungelesen auf dem Ölberg in geweihter Erde beigesetzt. Immer wieder kommt es jedoch vor, dass jemand versucht, sich mit den Schriftstücken zu bereichern oder sich zu belustigen. Das letzte Mal erregte eine israelische Zeitung Aufsehen, als sie vor drei Jahren den Inhalt eines Zettels veröffentlichte, den der heutige US-Präsident Barack Obama hinterlassen hatte: »Gib mir die Weisheit zu tun, was weise und gerecht ist«, schrieb der damalige Senator.

Heute beschäftigt die Verwaltung hier fünf Aufseher, die solche Zwischenfälle verhindern sollen. Den jungen Torastudenten haben sie jedoch nicht erwischt. »Wir haben die Angelegenheit an die Polizei weitergeleitet«, sagt Kurzweil. Die Verwaltung glaubt, dass der Scheck rechtmäßig ihr gehört, und will das Geld nutzen, um die Besucher aus aller Welt besser betreuen zu können.

Geiselbefreiung

Omer, Tal, Eliya, Omer, Avera und Hisham sind frei!

Sechs israelische Männer wurden am Samstagmorgen aus der Gefangenschaft der Hamas in Gaza freigelassen

von Sabine Brandes  22.02.2025

Abkommen

Dies sind die sechs freigelassenen Geiseln

Tal Shoham, Omer Wenkert, Omer Shem Tov, Eliya Cohen, Avera Mengistu und Hisham al-Sayed sind in Freiheit

von Sabine Brandes  22.02.2025

Geiseldeal

Leichnam von Shiri Bibas nach Israel überstellt

Nachdem die Hamas erst einen anderen Leichnam übergeben hatte, überstellte sie am Freitag die Leiche von Shiri Bibas. Ihre Identität wurde von Forensikern bestätigt

 22.02.2025

Gaza

Hoffnung nur ohne Hamas

Der Friedensaktivist Hamza Howidy ist im August 2023 aus dem Gazastreifen geflohen. Er fürchtet, dass das aktuelle Abkommen nichts an den dortigen Zuständen ändern wird

von Hamza Howidy  21.02.2025

Zynische Show

Wo ist Shiri Bibas? Hamas spricht von einem möglichen »Irrtum«

Für Samstag ist die Freilassung der sechs weiteren Geiseln angekündigt

 21.02.2025

Israel

Internationale Reaktionen: Fassungslosigkeit angesichts Grausamkeit der Hamas

Das grausame Verhalten der Hamas im Fall von Shiri Bibas und bei der Übergabe der Leichen sorgt weltweit für Empörung

von Sophie Albers Ben Chamo  21.02.2025 Aktualisiert

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Kommentar

Shiri, mein Herz bricht für dich

Sarah Cohen-Fantl will nicht verzeihen, dass Shiri, Kfir und Ariel Bibas nicht gerettet wurden

von Sarah Cohen-Fantl  21.02.2025

Israel

In der grausamen Wirklichkeit gibt es keine Wunder

Yarden Bibas wurde aus der Geiselhaft entlassen – seine Kinder Ariel und Kfir kamen in Särgen zurück, von seiner Frau Shiri fehlt noch immer jede Spur

von Sabine Brandes  21.02.2025