Die EU hat einen 10-Punkte-Plan für den Nahostkonflikt ausgearbeitet. Es sei eine »glaubwürdige und umfassende Lösung«, heißt es in einem Entwurfsdokument, schreibt die europäische Nachrichtenseite Euractiv. Währenddessen treffen sich die Außenminister der Europäischen Union am Montag in Brüssel, um mit Vertretern der Region die Lage in Gaza und ihre Auswirkungen auf dien Nahen Osten zu besprechen.
Zuvor hatte Josep Borrell, der hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Kritik an Israel geübt und betont, dass die internationale Gemeinschaft eine Lösung für den Israel-Hamas-Konflikt durchsetzen müsse, da die Kriegsparteien nicht in der Lage seien, sich zu einigen. Anfang Januar hatte er bereits gesagt: »Ich glaube, wir haben in diesen 30 Jahren gelernt, dass die Lösung von außen aufgezwungen werden muss, weil die beiden Parteien nie in der Lage sein werden, eine Einigung zu erzielen.«
Konkret über Zweistaatenlösung reden
Am Montag bekräftigte Borrell noch einmal: »Wir müssen aufhören, über Frieden zu reden und anfangen, konkreter über die Zweistaatenlösung zu sprechen.« Der israelische Außenminister Israel Katz ging nicht direkt darauf ein, als er am Montag vor dem Außenministerrat der EU über die Rückkehr der Geiseln und die Sicherheit Israels sprach.
»Unsere Geiseln müssen nach Hause zurückkehren, darunter das kleine Baby Kfir Bibas, das in der letzten Woche ein Jahr alt wurde, und vier junge Frauen«, so der Minister, der Fotos der Gekidnappten dabeihatte. Das zweite Diskussionsthema, so der Minister, sei die Wiederherstellung der Sicherheit Israels nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober, insbesondere für die Gemeinden im Süden.
Katz ist der erste israelische Außenminister, der vor dem Rat für Auswärtige Angelegenheiten der EU sprach, seitdem Yair Lapid im Juli 2021 nach Brüssel reiste. Katz bedankte sich für die Unterstützung und Solidarität, die Israel von der EU und ihren Mitgliedstaaten erhalten habe. Er begrüßte insbesondere die letzte Woche vom Europäischen Parlament in Straßburg angenommene Resolution, die einen Waffenstillstand in Gaza von der Zerschlagung der Hamas und der Rückgabe der Geiseln abhängig macht.
»Unser Ziel ist klar: die Entmilitarisierung und Stabilisierung des Gazastreifens.«
israel. aussenminister israel katz
»Wir befinden uns in einem globalen Kampf gegen den radikalen Islam, der vom Iran und seinen Stellvertretern angeführt wird und sich gegen Israel, unsere arabischen Verbündeten und die freie Welt im Allgemeinen, einschließlich Europa, richtet.« Israel stehe an der Spitze dieses Kampfes, fügte er hinzu.
Zwar sprach der israelische Außenminister auch über den »Tag danach«, erwähnte eine Zweitstaatenlösung aber nicht direkt. »Unser Ziel ist klar: die Entmilitarisierung und Stabilisierung des Gazastreifens, wobei Israel die Sicherheitskontrolle zum Schutz unseres Volkes aufrechterhält.« Dies werde Türen zu neuen regionalen Möglichkeiten öffnen und es uns ermöglichen, wirtschaftliche und humanitäre Initiativen zu fördern, die allen zugutekommen, auch den Menschen in Gaza.«
Katz zeigte den Ministern einen kurzen Videoclip für zwei Projekte, die er persönlich seit mehreren Jahren vorantreibt. Das erste ist die Errichtung einer Eisenbahnstrecke im Nahen Osten, die Israel mit Jordanien, Saudi-Arabien, Bahrain und den Emiraten verbindet. Der zweite Plan dreht sich um den Bau einer künstlichen Insel vor der Küste des Gazastreifens. Eine solche Insel könnte einen Seehafen, eine Entsalzungsanlage, ein Industriegebiet und später auch einen Flughafen beinhalten.
Keine Treffen zwischen Katz und den arabischen Ministern erwartet
Zu dem Treffen hatte der Europäische Rat neben Katz auch die palästinensischen, jordanischen und ägyptischen Außenminister eingeladen. Es werden keine Treffen zwischen Katz und einem dieser Minister erwartet.
Kurz zuvor hatte sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mehrfach zu einer Zweistaatenlösung geäußert. Am Schabbat schrieb sein Büro: »Im Gespräch mit Präsident Biden wiederholte Premierminister Netanjahu seine Position: Nach der Eliminierung der Hamas muss Israel die volle Sicherheitskontrolle über den Gazastreifen behalten und sicherstellen, dass Gaza keine Bedrohung mehr für Israel darstellt – und dies steht im Widerspruch zu Forderungen nach palästinensischer Souveränität.«
Am Tag zuvor hatte Netanjahu mit US-Präsident Joe Biden telefoniert. Kurz darauf berichtete der Nachrichtensender CNN, der israelische Premier habe dem Präsidenten mitgeteilt, dass er die Gründung eines palästinensischen Staates nicht ausschließe. Frühere Kommentare, in denen er die Idee ablehnte, habe er zurückgenommen. Sollte Netanjahu diese Worte tatsächlich geäußert haben, wird er sie weder für die israelische Öffentlichkeit noch für seine rechtsextremen Koalitionspartner gedacht haben.
Einer der Hardline-Koalitionsmitglieder in Jerusalem, Finanzminister Bezalel Smotrich, meint, dass »die Gründung eines palästinensischen Staates das nächste Massaker« nach sich ziehen würde. Am 7. Oktober ermordete die Hamas mehr als 1.200 Menschen und entführte über 240. Die meisten Minister von Netanjahus rechtskonservativem Likud sehen zwei Staaten Seit an Seit ebenfalls als Bedrohung für Israel.
Netanjahu betonte auch, dass auch die Mehrheit der Bevölkerung keinen palästinensischen Nachbarstaat sehen wolle. Eine Umfrage der Tel Aviv Universität vom November 2023 gibt ihm Recht: 54,5 Prozent der Israelis spricht sich seit dem 7. Oktober gegen eine Zweistaatenlösung aus. Allerdings befürwortet eine Mehrheit der Israelis auch, dass Netanjahu zurücktritt.