Gesichtslos
Bis gestern lächelten sie gemeinsam im Dauertakt. Auf Wahlplakaten des Jüdischen Hauses sah man den Parteivorsitzenden Naftali Bennett einträchtig mit Regierungschef Benjamin Netanjahu (Likud) an Straßenkreuzungen im ganzen Land. Doch nun ist es mit der Harmonie dahin. Der Likud beschwerte sich beim Allgemeinen Wahlkomitee der Knesset, dass Netanjahus Konterfei ohne dessen Einwilligung neben Bennetts gesetzt wurde. Die beiden sind sich nämlich nicht sonderlich grün. Zwar möchte der Chef im Jüdischen Haus, wie er immer wieder betont, auch gern Chef eines Ressorts in der Regierung werden, doch ob Netanjahu das auch will, ist fraglich. Schließlich klaut Bennett dem Likud seit Wochen jede Menge Stimmen. Das Komitee gab Netanjahu recht, brummte Bennett ein Bußgeld in Höhe von 72.000 Schekel (umgerechnet etwa 14.000 Euro) auf und verbot die Wahlposter. Die rechtsnationale Partei reagierte umgehend und pappte dem Regierungschef ein weißes Papier mitten auf die Nase.
Wahllos
Sie nölen und nerven: Ein junges israelisches Paar sitzt in einem Café und beklagt sich, wie doof es hier doch sei. Gerade sind sie aus der »Hauptstadt des Coolen«, wie Berlin im Jargon der Hippen genannt wird, zurückgekehrt. Als die Meckerpolizei mit quietschenden Reifen vor dem Lokal vorfährt und den beiden ein »Mecker-Verbot« von vier Jahren aufbrummt, weil sie bei den letzten Wahlen ihrer demokratischen Pflicht nicht nachgekommen sind, sind die zwei baff. »HaHipsterim« ist ein kurzer Clip, den die Wahlkommission in den Videokanal YouTube gestellt hat, um zu zeigen, dass nicht Israel, sondern Nichtwählen total uncool ist. Nach dem Motto: »Gibst Du Deine Stimme nicht ab – dann halt gefälligst Deinen Mund!« www.youtube.com/watch?v=gny9pnQqJzs
Terminlos
Nicht nur Mitglieder von gegnerischen Parteien schüttelten ob dieses Schachzuges den Kopf. Ministerpräsident und Likud-Vorsitzender Benjamin Netanjahu hat weniger als zwei Tage vor den Parlamentswahlen einen neuen Chef der Landbehörde eingesetzt. Es ist der in der Öffentlichkeit beliebte Kommunikationsminister Moshe Kahlon. Angeblich würde der die Wohnpreise für junge Familien und Soldaten verringern. Oppositonsführerin Schelly Jachimowitsch kommentierte wütend, dass dies blanker Populismus sei. »Vier Jahre lang hat Netanjahu die horrenden Wohnpreise im Land noch in die Höhe getrieben, und zwei Tage vor Stimmabgabe das. Er beleidigt damit die Intelligenz der Wähler.« Zumal die Behörde nicht einmal dem Ministerpräsidenten unterstehe, erklärte Jachimowitsch. »Will er etwa das Gesetz ändern?« Zipi Livni meinte, dass diese Pressekonferenz vor der Wahl nicht nur illegal, sondern »ein Witz sei«. Arie Deri von der Schas-Partei will sogar wissen, dass Kahlon im kommenden Juli zum Studium in die USA gehe, und fragt, ob er seinen Job dann mit der Fernbedienung machen wolle. Der eingesetzte Kahlon selbst gab zu, dass der Termin »wohl etwas unglücklich« gewählt war.
Gesetzlos
Nach einigen Zwischenfällen vor dem Urnengang wird das Polizeiaufgebot bei den Wahlen verstärkt. Am Sonntag hatten Vandalen einige Bücher der ultraorthodoxen Partei Schas verbrannt. Die Polizei vermutet einen Racheakt einer verfeindeten sefardischen Gruppe. An die Wände von Zipi Livnis »Hatnua« hatten Unbekannte geschmiert: »Igal Amir hatte recht«. Der jüdische Terrorist Amir hat den damaligen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin ermordet. Nun sollen 20.000 Sicherheitsmänner und -frauen am morgigen Dienstag für die Sicherheit von Wählern und Politikern sorgen. Der zuständige Abteilungschef der Polizei, Nissim Mor, betonte, dass seine Behörde auf jedwede Art von Gewalt vorbereitet sei. Von einer speziell eingerichteten Zentrale werden zudem sämtliche Stimm-Abgabestellen im ganzen Land überwacht.