Seit im Mai Polioviren im Abwasser gefunden wurden, ist die Bevölkerung in Aufruhr. Zunächst wurden Kinder im Süden des Landes geimpft, nun ist die Aktion auf ganz Israel ausgeweitet worden. Der Impfstoff besteht allerdings nicht wie üblich aus toten Viren, sondern abgeschwächten lebenden. Eine Aktion, die umstritten ist.
Die Schluckimpfung sollen so viele Kinder wie möglich im Alter von vier Monaten bis neuneinhalb Jahren erhalten. Zwar sind sie meist bereits als Babys mit toten Polioviren geimpft worden. Die neue Impfung diene dem Ziel, so das Gesundheitsministerium, dass sich die lebenden Viren in der nicht geimpften Bevölkerung verbreiten und sie auf diese Weise immunisieren.
Eindämmung Viele Eltern sehen die Aktion allerdings kritisch. Wenn in wenigen Tagen die Schule wieder beginnt, werde sich das Virus rasend schnell verbreiten, fürchten sie. »Das ist Absicht«, so der Direktor des Ministeriums, Ronni Gamzu, »denn die Impfung ist nicht gefährlich, und nur so können wir die Verbreitung eindämmen.«
Umfragen zeigen, dass dennoch etwa 47 Prozent ihre Kinder nicht impfen lassen wollen. Die Elternvereinigung Izun Hozer geht noch weiter: Anfang der Woche zog sie vor das Oberste Gericht, um die Impfaktion mit sofortiger Wirkung stoppen zu lassen. Man dürfe Kinder nicht als »Schutzschild« für den Rest der Bevölkerung instrumentalisieren, argumentieren die Eltern. Das Gericht forderte den Staat auf, noch in dieser Woche auf die Vorwürfe zu reagieren.
Immunsystem Die Kritik aus der Bevölkerung, die Aktion sei zu riskant, weil dadurch in manchen Fällen Kinderlähmung ausbrechen könne, wies das Ministerium zurück. »Die verwendete Version ist dafür zu schwach«, betonte die Behörde. Lediglich Kinder, die unter einem geschwächten Immunsystem leiden, werden nicht geimpft. Zudem sind Schulen und Kindergärten angewiesen, auf strikte Hygiene, vor allem regelmäßiges Händewaschen, zu achten.
Die Informationen des Ministeriums scheinen zu wirken. Vor den Kinderstationen »Tipat Chalav« bildeten sich am Montag lange Schlangen. »Zuerst habe ich mir Sorgen gemacht«, sagt Schachar Mor, die mit ihrem einjährigen Sohn in Herzlija wartet. »Doch dann habe ich mich im Internet informiert und weiß, dass das Risiko gegen null geht.«