Stilles Gedenken

Sirene in Erinnerung an die sechs Millionen Ermordeten

Auch Polizeibeamte in Jerusalem halten während des Sirenentons inne. Foto: Flash90

Es herrscht Stille im ganzen Land. Zwei Minuten lang ist nur die kreischende Sirene zu hören – keine ratternden Fabrikmaschinen, keine hupenden Autos, keine hämmernden Arbeiter und auch keine lachenden Schulkinder. In Israel wird am Dienstag mit dem Stillstand der gesamten Nation den sechs Millionen ermordeten Juden durch die Nazis während des Holocaust gedacht.

ZEREMONIE Am Montagabend hatte das Gedenken zum Holocaust-Märtyrer- und Helden-Gedenktag mit der offiziellen Zeremonie in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem begonnen. Präsident Isaac Herzog erinnerte in einer bewegenden Rede an die getöteten Frauen, Männer und Kinder. Er rief die Israelis auch dazu auf, »ihre Meinungsverschiedenheiten beiseitezulegen und stattdessen gemeinsam zu trauern und gedenken«.

Sechs Schoa-Überlebende und ihre Familien entzündeten in Yad Vashem Fackeln, um symbolisch an die sechs Millionen Juden zu erinnern, die von den Nazis ermordet wurden.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fragte in seiner Rede, ob die Welt tatsächlich die Lektion des Holocaust gelernt habe und betonte in diesem Zusammenhang die unmittelbare Gefahr, die durch den Iran ausgehe »und durch alle anderen, die uns töten wollen«. Im Publikum saß neben Überlebenden und Vertretern aus Politik und Gesellschaft auch der älteste Sohn des ehemaligen persischen Schahs, Reza Pahlavi, der mit seinem ersten Besuch in Israel »ein Symbol der Freundschaft senden« will.

Mehr als 1000 der Schoa-Überlebenden in Israel sind mittlerweile über 100 Jahre alt.

Die offizielle Staatszeremonie begann nach dem Ende der Sirene in Yad Vashem, wo der Präsident und Premier sowie Knesset-Sprecher Amir Ohana, die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Esther Hayut und mehrere Holocaust-Überlebende am Denkmal, das an den Aufstand im Warschauer Ghetto von 1943 erinnert, Kränze niederlegten. Das diesjährige Gedenken findet unter dem Motto »Jüdischer Widerstand« statt. Der Warschauer Aufstand jährt sich zum 80. Mal.

NAMENLESEN Um 10.30 Uhr begann in Yad Vaschem das Namenlesen, eine Tradition, die jedes Jahr durchgeführt wird. Bei der Zeremonie »Jeder Mensch hat einen Namen« verlesen israelische Bürger in der Halle der Erinnerung die Namen der Getöteten. Auch in der Knesset wird jedes Jahr auf diese Weise der Opfer der Nazis gedacht.

In privaten Initiativen werden ebenfalls den ganzen Tag über in Gemeindezentren, Schulen und Holocaust-Gedenkstätten im ganzen Land die Namen der Opfer der Schoa laut verlesen. Präsident Herzog wird um 20 Uhr eine Abschlusszeremonie im Beit Hanasi abhalten.

Während Israel den Holocaust-Gedenktag begeht, gibt es nach Angaben des Staatlichen Kontrolleurs noch 147.199 Schoa-Überlebende im Land. Ihr Durchschnittsalter beträgt 85.5 Jahre. Das Versicherungsinstitut Bitach Leumi gab an, dass mehr als 1000 von ihnen mittlerweile über 100 Jahre alt sind.

Nachruf

Keine halben Sachen

Die langjährige Nahost-Korrespondentin der WELT, Christine Kensche, ist gestorben. Ein persönlicher Nachruf auf eine talentierte Reporterin und einen besonderen Menschen

von Silke Mülherr  10.01.2025

Nahost

Katz fordert Plan für Hamas-Niederlage

Sollten die Geiseln nicht bis zum 20. Januar freigelassen werden, will der israelische Verteidigungsminister eine komplette Zerschlagung der Terrorgruppe

 10.01.2025

Nachruf

Eine unabhängige Beobachterin mit Herzensbildung

WELT-Chefredakteur Jan Philipp Burgard nimmt Abschied von Israel-Korrespondentin Christine Kensche

von Jan Philipp Burgard  10.01.2025

Israel

Armee erklärt Hamas-Geisel Hamza Ziyadna (23) für tot

Erst am Mittwoch wurde die Leiche seines Vaters im Gazastreifen geborgen

 10.01.2025

Nahost

Biden: Hamas steht einer Vereinbarung im Weg

Dennoch glaubt der scheidende US-Präsident daran, dass ein Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln der Hamas noch vor dem Ende seiner Amtszeit erlangt werden kann

 10.01.2025

Libanon

Ist die Wahl Joseph Aouns ein Zeichen der Hoffnung?

Es hat mehr als zwei Jahre und mehr als ein Dutzend Versuche gebraucht. Nun hat der Libanon endlich wieder einen Präsidenten. Kommt nun der lang erhoffte Neustart?

von Amira Rajab  09.01.2025

Nahost

Iranischer General: »Wir haben schweren Schlag erlitten«

Zum ersten Mal gibt ein hochrangiger Offizieller aus Teheran zu, dass der Fall von Bashar al-Assad das Regime geschwächt hat

von Sabine Brandes  09.01.2025

Polen

Duda würde Netanjahu nicht verhaften lassen

Am 27. Januar jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 80. Mal. Kommt der israelische Ministerpräsident trotz eines Haftbefehls gegen ihn?

 09.01.2025

München

Bayern-Torwart Peretz fällt vor Gladbach-Spiel mit schmerzhafter Nierenquetschung aus

Droht den Bayern beim Gladbach-Spiel ein Torwartproblem? Zuletzt fehlte Manuel Neuer, jetzt ist auch noch dessen Vertreter verletzt

 09.01.2025