Die Hoffnungen waren groß – wenn auch nur von kurzer Dauer. Benny Gantz, Vorsitzender der Nationalen Einheit, sagte am Dienstag, dass seine Oppositionspartei grundsätzlich einverstanden sei, über einen neuen Kompromissvorschlag zur Justizgesetzgebung zu sprechen, kritisierte jedoch den jüngsten Aufruf von Premierminister Benjamin Netanjahu zu persönlichen Gesprächen als »Spin«.
VERHANDLUNGEN Die Worte von Gantz kommen zu einem Zeitpunkt, da Präsident Isaac Herzog sich bemüht, doch noch eine Einigung zwischen den Seiten auszuhandeln. Die von ihm vermittelten Gespräche Anfang des Jahres waren gescheitert. Jetzt sollten es zunächst indirekte Verhandlungen sein.
Im Juli war eine Einbringung in der Knesset verabschiedet worden, die die Aufsichtsbefugnisse der Gerichte einschränkt. Es ist das erste Gesetz im höchst umstrittenen Justizreformplan der rechtsreligiösen Koalition. Die in der Presse geleakte Rahmenvereinbarung für einen Kompromiss würde angeblich eine »weichere« Version des verabschiedeten Gesetzes beinhalten und ein 18-monatiges Einfrieren der Gesetzgebung zur Umgestaltung des Wahlausschusses, der die Richter ernennt.
»Klar ist, dass Israel von einer extremen Minderheitsregierung regiert wird.«
Benny gantz
Die Berichterstattung kommt nur wenige Tage vor den Terminen am 12. und 19. September vor dem Obersten Gerichtshof, bei denen Petitionen gegen die Änderung der Gesetze gehört werden. Die Regierung beantragte eine Verschiebung, doch der Gerichtshof antwortete: »Angesichts des erweiterten Gremiums und aufgrund von Terminbeschränkungen ist es unmöglich, dem Antrag der Regierung stattzugeben.« Lediglich die Frist für das Verfassen einer Antwort der Koalition wurde verlängert.
SCHWINDEL Zudem lehnte am selben Tag der als Hardliner bekannte Justizminister Yariv Levin den angeblichen Kompromiss ab. Er bezeichnete den Vorschlag als »Schwindel« und machte unmissverständlich klar: »Das ändert nichts an dem, was erforderlich ist – die Änderung des Ausschusses für die Auswahl der Richter.« Er fügte hinzu, dass Netanjahu diese Position unterstütze. »Entgegen allen Berichten gibt es seitens des Premierministers keine Änderung hinsichtlich der Reform.«
In einer Fernsehansprache zur Hauptsendezeit äußerte sich Gantz am Dienstagabend: Es sei ihm versichert worden, dass der Kompromissvorschlag Herzogs vom Premierminister angenommen worden sei. Gleichsam glaube er nicht daran, vor allem nach dem öffentlichen Widerstand der Hardliner in der Koalition, dass Netanjahu einen solchen Deal eingehen könne. »Klar ist, dass Israel von einer extremen Minderheitsregierung regiert wird«, sagte Gantz.
VIDEOCLIP »Erst gestern lehnten Netanjahu und der Likud ihren eigenen Vorschlag ab, um danach zum Dialog aufzurufen«, echauffierte sich der Oppositionspolitiker weiter, wenige Minuten nachdem Netanjahu einen Videoclip veröffentlicht hatte, in dem er Gantz´ Team aufforderte, sich zu Gesprächen zu treffen.
Statt einer Zusage zu Verhandlungen verlangt der ehemalige Verteidigungsminister, dass Neuwahlen ausgerufen werden: »Netanjahu muss die Regierung und die Knesset auflösen. Der Staat Israel muss Wahlen durchführen, die die Heilung der israelischen Gesellschaft ermöglichen.« Denn es gebe »keinen effektiven Premierminister. Netanjahu tut zunächst das, was für ihn gut ist, und erst danach das, was für den Staat Israel gut ist«.