Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant erklärte am Dienstagnachmittag vor Journalisten, dass die Hamas als Militärmacht nicht mehr existent sei. »Die Hamas existiert als organisierte Militärformation nicht mehr. Sie führt einen Guerillakrieg, aber wir bekämpfen immer noch Hamas-Terroristen und verfolgen die Hamas-Führung«, sagte er.
Gallant warnte dann, dass sich Israel zwischen einer Vereinbarung für die Freilassung der Geiseln in Gaza und dem Risiko einer Eskalation entscheiden müsse. »Ein Abkommen mit der Hamas ist eine strategische Gelegenheit, die uns eine hohe Chance gibt, die Sicherheitslage an allen Fronten zu ändern«.
»Israel sollte ein Abkommen erzielen, das eine sechswöchige Pause bewirkt und Geiseln zurückbringt«, machte Gallant klar. »Wir behalten uns das Recht vor, zu operieren und unsere Ziele zu erreichen – einschließlich der Zerstörung der Hamas.«
Deal werde zu 90 Prozent von beiden Seiten akzeptiert
Internationale Vermittler, darunter die USA, arbeiten seit Monaten an einer Vereinbarung, die die Freilassung der noch von der Hamas festgehaltenen 101 Geiseln und einen Waffenstillstand im Gazastreifen vorsieht. Vor einigen Tagen hatte der Minister bei einem Treffen mit Angehörigen von Geiseln erklärt, der Deal, der derzeit diskutiert wird, werde zu 90 Prozent von beiden Seiten akzeptiert.
Eine regionale Eskalation des Konflikts würde nur dem Anführer der Hamas in Gaza, Yahya Sinwar, nützen. »Das Szenario eines umfassenden Krieges an mehreren Fronten kommt Sinwar zugute. Davon träumte er, als er einen brutalen Angriff auf israelische Kinder, Frauen und Männer anführte.« Am 7. Oktober hatten Tausende von Terroristen der Hamas den verheerendsten Terroranschlag in der Geschichte des Landes verübt. Sie töteten mehr als 1200 Menschen und verschleppten 253 Geiseln nach Gaza.
Gallant forderte die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf die Terrororganisation auszuüben, damit sie einem Waffenstillstands- und Geiselbefreiungsabkommen zustimmt.
»Sinwar träumte vom umfassenden Krieg, als er einen brutalen Angriff auf israelische Kinder, Frauen und Männer anführte.«
Währenddessen arbeitet Präsident Isaac Herzog nach Angaben von Chanel 12 hinter den Kulissen daran, eine Einheitsregierung zusammenzubringen. Dafür habe er sich mit Knesset-Abgeordneten der Koalition und Opposition getroffen. Ziel sei es, einen Konsens für einen Geiseldeal zu finden. Die rechtsextremistischen Otzma Yehudit und Religiöser Zionismus schließen eine Vereinbarung mit der Hamas kategorisch aus. Sollten sie die Koalition verlassen, könnten gemäßigtere Parteien die Mandate der beiden Parteien ausgleichen, ohne dass die Regierung fallen würde.
Am Montag forderte Herzog die Politiker auf, »mit aller Kraft zusammenzustehen und alle möglichen Schritte zu unternehmen, um die Entscheidungsträger dazu zu bringen, die Geiseln nach Hause zu holen.« Neben Herzogs Bemühungen sprach sich auch der Vorsitzende der ultraorthodoxen Shas-Partei Arie Deri für die Einheitsregierung aus. Eine Quelle bei Shas sagte, dass »der Wille und die Unterstützung für eine Einheitsregierung vorhanden sind«. Das sei es, was im Moment getan werden müsse.
Oppositionsführer Jair Lapid hatte Premierminister Benjamin Netanjahu bereits mehrfach angeboten, ihm ein politisches Sicherheitsnetz zu bieten, um trotz des Widerstands seiner rechtsextremen Verbündeten einen möglichen Geiseldeal durchzuziehen.
Einheitsregierung für einen Geiseldeal
»Ein Geiseldeal liegt auf dem Tisch. Es ist nicht wahr, dass Netanjahu sich zwischen dem Deal und seiner weiteren Amtszeit als Ministerpräsident entscheiden muss. Ich habe ihm ein Sicherheitsnetz versprochen und ich werde dieses Versprechen halten«, hatte Lapid vor Kurzem erklärt. »Das ist keine einfache Aussage und keine einfache Entscheidung, aber das Wichtigste ist, die entführten Menschen nach Hause zu bringen.«
Die Initiatoren der Bemühungen behaupten unter anderem, dass Sinwar zwar von der Spaltung der israelischen Gesellschaft profitiert, eine Einheitsregierung jedoch das Blatt wenden und den Druck auf die Hamas erhöhen würde, einem Abkommen mit Israel zuzustimmen.