Private Einblicke lässt Premierminister Benjamin Netanjahu nur selten zu. Der Regierungschef von Israel ist durch und durch Politprofi. Kürzlich kam dann aber doch etwas heraus: Dass ihm Pistazien-Eiscreme besonders gut schmeckt und er dafür im Jahr 10.000 Schekel aus dem Staatssäckel verbrät. Ob er das Eis zum Kühlen einsetzt, wurde nicht berichtet. Doch ob der ganzen Koalitionsgespräche, die zu nichts und wieder nichts führen, raucht Netanjahu ganz sicher der Kopf.
Nachdem die 30 Tage abgelaufen waren, um eine regierungsfähige Koalition auf die Beine zu stellen, hatte er Ende der vergangenen Woche bei Staatspräsident Schimon Peres um eine Verlängerung gebeten. Peres gewährte ihm zwei zusätzliche Wochen – dann ist Schluss.
Den einzigen Koalitionspartner, den der Likud bislang für sich gewinnen konnte, ist Zipi Livnis Hatnua. Livni wird demzufolge Justizministerin und soll die Verhandlungen mit den Palästinensern anführen.
Ultraorthoxe Der »natürliche Partner«, wie Netanjahu sie gern bezeichnet, die ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereintes Tora-Judentum, stehen derzeit noch draußen vor der Tür. Obwohl sowohl sie wie auch Netanjahu den Füller zum Unterschreiben bereits in der Hand hielten. Doch die Union aus Jesch Atid und dem Jüdischen Haus macht der Verbindung einen dicken Strich durch die Rechnung.
Es ist kein Geheimnis, warum Netanjahu die ultraorthodoxen Parteien nur zu gern mit im Regierungsboot hätte. Sie sind leicht zu navigieren. Er gab ihnen, was sie wollten, beispielsweise die Nicht-Einberufung der religiösen Studenten in die Armee oder Finanzspritzen für ihre Jeschiwas, und sie stimmten allen anderen politischen Entscheidungen zu. Es war ein Geben und Nehmen, wie es Netanjahu behagte.
Vorbedingungen So einfach hat er es nicht mit denen, die mitreden wollen. Allen voran will das Yair Lapid von Jesch Atid. Der Ex-Journalist hat klare Vorstellungen in vielen politischen Bereichen, besonders dem Armeegesetz. »Und mit den Charedim in der Regierung können wir unsere Ziele nicht voranbringen«, machte er deutlich. Für sich selbst beansprucht Lapid das Außenministerium, für seine Parteikollegen zudem das Bildungs- und Sozialministerium. Beides Angelegenheiten, die ihm am Herzen liegen, wie er immer wieder erklärte.
Auch Naftali Bennett weiß, was er will: mitregieren. Er machte deutlich, dass er nicht ohne Lapid in die Regierung gehen werde. »Marathon Verhandlungen« zum Wochenbeginn zwischen seiner Partei und dem Likud seien »positiv, aber ohne Ergebnis« gewesen.
Forderungen Mit ihren gemeinsamen 31 Sitzen in der 19. Knesset können Lapid und Bennett durchaus Forderungen stellen. Denn Netanjahu kann ohne sie schlicht nicht regieren, so groß seine Aversionen gegen die beiden auch sein mögen. Es sei denn, der Premier bricht das Bündnis der beiden oder überredet die Vorsitzende der Arbeitspartei, Schelly Jachimowitsch, der Regierung doch noch beizutreten. Beides ist höchst unwahrscheinlich.
Also ist – so verworren es derzeit auch scheinen mag – eigentlich schon alles klar. Netanjahu hat noch Zeit bis zum 16. März. Dann muss er sich entscheiden oder das Zepter abgeben. Entweder übernimmt danach eine andere Partei die Regierungsbildung, oder es gibt Neuwahlen in Israel. Der Likud-Chef wird sich entscheiden: für den Machterhalt. Wie wenig ihm der dieses Mal auch schmecken mag.