Mindestens 25.000 Menschen strömten am Montagmittag zur Beerdigung des Palästinensers Arafat Jaradat in seinem Heimatdorf Siir nahe der Stadt Hebron. Sie schwenkten die palästinensische Flagge und schrien Parolen. Palästinensische Behörden und Angehörige des Verstorbenen hatten den Vorwurf erhoben, dass Jaradat an den Folgen von Folter am Samstag im Gefängnis von Megiddo gestorben sei.
Die Israelis wiesen das zurück und erklärten, der Mann sei plötzlich an Herzversagen gestorben, die Blutergüsse und zwei gebrochene Rippen seien Folgen der Wiederbelebungsversuche der Sanitäter. Eine Obduktion im forensischen Institut Abu Kabir in Tel Aviv soll die genaue Todesursache feststellen
Vorwürfe Doch die Protestierenden wollen nicht warten, bis es eine offizielle Erklärung gibt. Noch am Sonntag schwappten die gewalttätigen Proteste in weite Teile des Westjordanlandes über, Tausende Gefängnisinsassen verweigerten das Essen. Für sie ist klar: »Israel hat den Mann auf dem Gewissen.« Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte direkt nach der Beerdigung: »Israel tötet unsere Kinder mit scharfen Waffen.« In der vergangenen Woche waren Vorwürfe gegen die IDF laut geworden, sie habe bei Auseinandersetzungen im palästinensischen Dorf Kusra auf Jugendliche und Verletzte mit scharfer Munition geschossen. Die Armee hatte jedoch erklärt, kein Soldat habe scharfe Munition verwendet.
Stattdessen wird vermutet, die jüdischen Siedler, die in die Auseinandersetzung verwickelt waren, hätten Feuerwaffen benutzt. Abbas beschuldigte den jüdischen Staat, für den Ausbruch der Gewalt verantwortlich zu sein. Fügte dann jedoch mit Blick auf die palästinensischen Demonstranten hinzu: »Wir lassen sie kein Chaos im Westjordanland veranstalten. Wir lassen das nicht zu.«
Kontrolle Die IDF versucht nach eigener Auskunft alles, um die Spirale der Gewalt einzudämmen, und überlässt, soweit möglich, den palästinensischen Sicherheitskräften die Kontrolle. Der israelische Leiter der Regierungsaktivitäten in den Palästinensergebieten, Eitan Dangot, telefonierte am Sonntag mehrmals mit dem palästinensischen Premierminister Salam Fayyad, um ihn inständig zu bitten, die »Flammen der Gewalt zu löschen«. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu selbst wird tätig, um die aufgepeitschte Stimmung zu beruhigen. Besonders im Hinblick auf den Besuch des amerikanischen Präsidenten Barack Obama im März will er jegliche Ausschreitungen im Land vermeiden.
Zum einen schickte er durch seinen Gesandten Isaak Molcho eine klare Botschaft an Palästinenserpräsident Abbas: »Beende die Gewalt umgehend!« Zum anderen lässt Jerusalem Taten sprechen. Am Wochenbeginn wurden die Steuererträge der Palästinenser, die seit Ende Januar zurückgehalten wurden, an die Autonomiebehörde überwiesen. Ein klares Zeichen der Regierung. Möglicherweise gehe Netanjahu sogar noch weiter, mutmaßen politische Analysten, und lässt einige gefangene Fatah-Männer frei oder setzt weitere Festnahmen von Demonstranten für eine Weile aus.
Auch palästinensische Offizielle äußerten ihren Willen, die Gewalt so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bringen. Der einstige Sicherheitschef der PA, Jibril Rajoub, machte im israelischen Radio deutlich, dass er im Namen der gesamten Palästinenserführung spreche: »Es gibt keine Intention, das Blutvergießen zu schüren.«
Mehr dazu in der kommenden Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen am 28. Februar