Pager-Angriff

Ex-Mossad-Agenten lüften Geheimnis um Pager-Attacke auf die Hisbollah

Die Überreste eines explodierten Pagers der Hisbollah Foto: picture alliance / abaca

Pager-Angriff

Ex-Mossad-Agenten lüften Geheimnis um Pager-Attacke auf die Hisbollah

Im September detonierten Tausende Pager und Walkie-Talkies im Besitz der libanesischen Terrormiliz Hisbollah. Zwei Ex-Agenten beschrieben nun, wie der ausgefeilte Angriff jahrelang vorbereitet wurde

von Darlene Superville  23.12.2024 14:12 Uhr

Zwei ehemalige israelische Geheimdienstagenten haben neue Details zu den ausgefeilten Attacken auf die Terrororganisation Hisbollah geschildert, bei denen im September im Libanon und in Syrien Tausende Funkempfänger, sogenannte Pager, und Walkie-Talkies explodierten.

Die Operation habe bereits vor zehn Jahren begonnen, sagte einer der Ex-Agenten der Sendung »60 Minutes« des US-Senders CBS. Die Hisbollah habe Walkie-Talkies mit versteckten Sprengsätzen genutzt und nicht gewusst, dass sie diese von ihrem Feind Israel kaufte.

Die libanesische Hisbollah, die vom Iran unterstützt wird, hatte unmittelbar nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, der den Gaza-Krieg auslöste, damit begonnen, Israel zu beschießen.

Über Ungarn und Taiwan

Die früheren Geheimdienstler sind den Angaben zufolge erst kürzlich in den Ruhestand versetzt worden. Sie trugen Masken und ihre Stimmen wurden verändert, um ihre Identität zu schützen. Sie berichteten, bis September seien die Sprengsätze in den Walkie-Talkies nicht zur Detonation gebracht worden. Einen Tag nach der Zündung ebenfalls präparierter Pager war es dann so weit. »Wir haben eine Scheinwelt geschaffen«, sagte einer der beiden, dem der Name »Michael« zugeordnet wurde. Die zweite Phase des Plans, also der Einsatz mit Sprengsätzen ausgestatteter Pager, sei im Jahr 2022 gestartet worden, nachdem der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad erfahren habe, dass die Hisbollah Funkempfänger bei einer in Taiwan ansässigen Firma gekauft habe, so der zweite Ex-Agent.

Die Pager hätten etwas größer gebaut werden müssen, um Platz für die darin zu versteckenden Sprengsätze zu schaffen. Sie seien mehrfach getestet worden, um die richtige Menge an Sprengstoff zu ermitteln, um möglichst nur einem Hisbollah-Terroristen zu schaden, der das Gerät nutzt, und nicht den Menschen in seiner Nähe. Der Mossad habe auch verschiedene Klingeltöne ausprobiert, um einen zu finden, der dringlich genug klang, um Pager-Nutzer dazu zu bringen, die Geräte sofort hervorzuholen.

Der zweite Ex-Agent, dem der Name »Gabriel« zugeordnet wurde, sagte, es habe zwei Wochen gedauert, um die Hisbollah davon zu überzeugen, auf den schwereren Pager zu wechseln. Dies sei etwa durch Werbespots auf der Videoplattform Youtube unterstützt worden, in denen die Geräte als staubgeschützt, wasserdicht und mit einer längeren Akkulaufzeit versehen angepriesen wurden.

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»Gabriel« beschrieb den Einsatz von Scheinfirmen, darunter eine in Ungarn, um die taiwanische Firma Gold Apollo dazu zu bringen, unwissentlich eine Partnerschaft mit dem Mossad einzugehen. Auch der Hisbollah war die Zusammenarbeit mit Israel freilich nicht bewusst. »Gabriel« verglich das Vorgehen mit dem Film »Truman Show« von 1998, in dem ein Mann keine Ahnung hat, dass er in einer vorgegaukelten Welt lebt.

»Als sie von uns kauften, hatten sie keine Ahnung, dass sie vom Mossad kauften«, sagte »Gabriel«. »Wir haben so etwas wie die ›Truman Show‹ gemacht, alles wurde von uns hinter den Kulissen kontrolliert. In ihrer Erfahrung war alles normal, alles war 100 Prozent koscher, einschließlich Geschäftsleute, Marketing, Ingenieure, Ausstellungsraum, alles.«

Im September hatten Hisbollah-Kämpfer 5000 solcher Pager in ihren Taschen. Israel ließ sie am 17. September detonieren, als die Funkempfänger im ganzen Libanon zu piepen begannen. Die Geräte gingen auch dann in die Luft, wenn ihr Besitzer es versäumte, die Knöpfe zu drücken, um eine eingehende verschlüsselte Nachricht zu lesen.
Am nächsten Tag aktivierte der Mossad die Walkie-Talkies, von denen einige bei Beerdigungen von Menschen explodierten, die bei den vorangegangenen Pager-Attacken getötet worden waren. »Gabriel« sagte, es sei mehr darum gegangen, eine Botschaft zu senden als Hisbollah-Terroristen zu töten.

Überlegenheit im gesamten Nahen Osten

Wenn jemand tot sei, sei er einfach tot. Doch wenn er verletzt werde, müsse man ihn ins Krankenhaus bringen, sich um ihn kümmern, Geld dafür ausgeben. »Diese Menschen ohne Hände und Augen sind der lebende Beweis dafür, dass man sich nicht mit uns anlegen sollte. Sie sind der lebende Beweis für unsere Überlegenheit im gesamten Nahen Osten.«

In den Tagen nach der konzertierten Attacke griff Israel Ziele im gesamten Libanon an. Hunderte Menschen kamen ums Leben. Tage später wurde Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah getötet, als Israel seinen Bunker bombardierte. Im November endete der Krieg zwischen der Hisbollah und Israel, ein Nebenprodukt der Hamas-Attacke auf Israel, mit einer Waffenruhe.

Der Agent mit dem mutmaßlichen Decknamen »Michael« sagte, am Tag nach den Pager-Attacken hätten sich die Menschen im Libanon gefürchtet, ihre Klimaanlagen einzuschalten, aus Angst, dass auch diese explodieren könnten. »Da ist echte Angst«, sagte er. Auf die Frage, ob das Absicht sei, sagte er: »Wir wollen, dass sie sich verwundbar fühlen, was sie auch sind. Wir können nicht noch einmal Pager benutzen, weil wir das bereits getan haben. Wir sind schon beim nächsten Ding. Und sie müssen versuchen zu erraten, was das ist.«

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