Die EU verhängt erstmals Sanktionen wegen der Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland. Die Mitgliedstaaten beschlossen die Strafmaßnahmen am Freitag in einem schriftlichen Verfahren, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.
Die Sanktionen richten sich den Angaben zufolge gegen Personen und Organisationen, die für Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland verantwortlich sein sollen. Sie werden mithilfe des EU-Sanktionsinstruments zur Ahndung von schweren Menschenrechtsverstößen verhängt.
Personen, die betroffen sind, dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgern machen. Außerdem müssen ihre in der EU vorhandenen Konten und andere Vermögenswerte eingefroren werden.
Abgelehnte Angebote
Die regelmäßigen Attacken und Morde palästinensischer Terroristen aus dem Westjordanland sind von dieser Maßnahme nicht betroffen.
Viele europäische Politiker nennen die Siedler und deren Siedlungen regelmäßig ein Hindernis für eine Friedenslösung. Die Führung der Palästinenser - bestehend aus der Terrororganisation Hamas und der Palästinensischen Autonomiebehörde, die Terroristen Gehälter bezahlt - will jedoch keinen Frieden mit Israel.
Seit dem Jahr 2000 wurden den Palästinensern wiederholt 91 Prozent des Westjordanlandes – neben Gaza und einem autonomen Ost-Jerusalem für einen eigenen Staat – angeboten. Sie lehnten diese Vorstöße ebenso ab wie alle anderen angebotenen Friedensabkommen.
Gewalt gegen Olivenhaine
Die EU hat Gewalttaten und den Siedlungsbau bereits wiederholt verurteilt - für Strafmaßnahmen gab es aber bis heute nie den erforderlichen Konsens. Die Sanktionsentscheidung gilt deswegen als ein Anzeichen für einen Kurswechsel in der Israel-Politik der EU - auch wenn die Strafmaßnahmen an sich für die Betroffenen vergleichsweise geringe Auswirkungen haben.
Mit den Sanktionen folgt die EU dem Beispiel der USA. Diesen haben bereits Strafmaßnahmen verhängt, die sich gegen extremistische Siedler richten. Die USA werfen den Betroffenen unter anderem vor, sich im Westjordanland an Gewalt gegen palästinensische Zivilisten beteiligt zu haben.
Die Namen der Betroffenen sollen in Kürze im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Nach Informationen der dpa handelt es sich im ersten Schritt um vier Personen und zwei Organisationen. Im Idealfall sollen die Sanktionen nach Angaben von Diplomaten dazu führen, dass sich die israelische Justiz künftig engagierter um die Verfolgung von Gewalt von israelischen Siedlern gegen palästinensische Dörfer und Olivenhaine kümmert.
Deal mit Ungarn
Der als überaus »israelkritisch« bekannte UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hatte die Entwicklungen in dem Gebiet erst in der vergangenen Woche wieder als höchst besorgniserregend bezeichnet. Israel sei als Besatzungsmacht verpflichtet, Palästinenser vor Siedlerattacken und rechtswidriger Gewalt durch Sicherheitskräfte zu schützen, so Türk.
Die Sanktionen gegen Siedler hätten eigentlich bereits vor längerem beschlossen werden sollen. Die ungarische Regierung, die in der EU als besonders israelfreundlich gilt, signalisierte allerdings erst im vergangenen Monat, dass sie ihnen nicht mehr im Weg stehe.
Teil der Einigung war, dass es auch neue Strafmaßnahmen gegen palästinensische Terrorgruppen gibt. Sie waren bereits in der vergangenen Woche verhängt worden - insbesondere wegen des Einsatzes »systematischer und weiträumiger sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt«. dpa/ja