Jetzt wird auch die erfolgsverwöhnte Hightech-Branche in Israel von der Corona-Krise durchgerüttelt. Die Zahl der Arbeitslosen ist in der Branche »signifikant gestiegen«, schreibt die Israel Innovation Authority (IIA) in einem kürzlich publizierten Bericht. Die Hälfte der Firmen stelle keine Leute mehr ein und habe die Löhne der Angestellten gekürzt.
Bis vor Kurzem war die Grundstimmung in der Branche optimistisch. Doch jetzt kommt die Ernüchterung. Die Studie über Israels Hightech-Firmen zeige »sehr problematische Trends«, sagt IIA-Mitglied Hagay Levin. Die Lage sei problematischer, als angenommen.
ZUGPFERDE Weniger schwarz sieht er die Zukunft der Biowissenschaften. Start-ups in den Bereichen Diagnostika und Biokonvergenz könnten Zugpferde des Tech-Sektors werden. Der Hightech-Sektor sei zwar »sehr flexibel und dynamisch« und passe sich neuen technologischen Trends an, meint Levin. Bereits in sechs bis zwölf Monaten könnte die Branche auf ihren alten Wachstumspfad zurückkehren, falls sich die Lage an der Corona-Front beruhige.
Bis vor Kurzem war die Grundstimmung in der Branche optimistisch.
Sollte die Krise aber über eine längere Zeit andauern und von einem Rückgang der Aktienkurse begleitet sein, werde es wahrscheinlich zu einem »signifikanten Rückgang« der Auslandsinvestitionen im Hightech-Sektor Israels kommen, sagt Levin. Im vergangenen Jahr stammten 85 Prozent der Wagniskapitalfinanzierungen aus dem Ausland.
»Die Auswirkungen der Krise sind an jeder Ecke spürbar«, meint Andrea Frahm, die für die Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren im Herzen der Hightech-Szene Tel Avivs arbeitet. Viele Coworking-Spaces stünden leer, da Start-ups pleitegegangen sind oder sich die Miete nicht mehr leisten können.
»Aufgrund des Einreiseverbots können wir nicht einmal kleinere deutsche Delegationen empfangen oder bilaterale Treffen ermöglichen«, sagt Frahm. Es sei für sie unbegreiflich, dass die selbst ernannte Start-up-Nation nach wie vor kein zukunftsfähiges Konzept habe, wie der persönliche Kontakt zu ausländischen Partnern trotz der Krise aufrechterhalten werden kann.
VERSAGEN Die IIA-Studie berücksichtigt zwar bloß Firmen mit bis zu 50 Arbeitnehmern. Dass die Krise aber auch an den Großen der Branche nicht spurlos vorbeigeht, zeigt das Beispiel von Amdocs. Der Softwaregigant, eine der größten Tech-Gruppen Israels, will 1000 Mitarbeiter oder vier Prozent der Belegschaft entlassen.
Israel hatte die erste Welle mit einem aggressiven Lockdown bekämpft, was zu hohen wirtschaftlichen Verlusten geführt, aber die Zahl der Fälle massiv reduziert hatte. Die zweite Welle mit den rasant steigenden Fallzahlen führen Beobachter auf das Versagen der Regierung zurück, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren.