Juden oder Nichtjuden – das ist hier die Frage. Zunächst sollten nur nicht- jüdische Immigranten schwören. Das jedoch zog einen Sturm der Entrüstung im In- und Ausland nach sich. »Rassistisch«, war nur eins der Attribute, mit dem der Gesetzesentwurf der Israel-Beiteinu-Partei bezeichnet wurde, dem das Kabinett in der vergangen Woche zugestimmt hatte. Hastig lenkte Premier Benjamin Netanjahu daraufhin ein und ließ einen neuen Vorschlag austüfteln, der auch Juden miteinbezieht. Nach dem Wunsch des Ministerpräsidenten sollen dann alle Neuankömmlinge bei der Einwanderung ihre Loyalität zum »jüdischen und demokratischen Staat« bezeugen müssen. Ob dieser Entwurf allerdings eine Mehrheit in der Knesset finden wird, ist fraglich.
Pläne Es ist nicht das erste Mal, dass in Israel von einer Loyalitätsbekundung zum Staat gesprochen wird. Avigdor Lieberman, Außenminister und Chef von Israel Beiteinu, hat diese Idee bereits seit Jahren auf seiner Agenda. Zuletzt ließ er sie im Februar 2009 in sein Parteiprogramm drucken. Allerdings will der Rechtsaußen-Politiker nur die Nichtjuden schwören lassen. Bei der letzten Wahl ging er sogar so weit, dass er vorschlug, alle Araber mit dem israelischen Pass in der Tasche sollten einen Eid ablegen, um zu zeigen, dass sie nicht insgeheim Feinde sind. Politische Analysten spekulieren, dass Netanyahu seinem Außenminister diese abgeschwächte Version gerade in diesen Tagen der Friedensgespräche zugesteht, um ihm ein Ja zur Verlängerung des Baustopps in den jüdischen Siedlungen des Westjordanlandes abzuringen.
Kritik Betrifft das Gesetz lediglich Nichtjuden, ginge es wohl um einige wenige Fremdarbeiter sowie Nichtjuden, die durch das Rückkehrgesetz Alija machen dürfen, etwa weil einer der Großeltern jüdisch war oder ist. Hauptsächlich aber sind Palästinenser aus der Westbank im Fokus, die israelische Araber heiraten und dann einen Pass beantragen, um israelische Staatsangehörige zu werden. Dennoch ruft der Eid nicht nur Kritiker aus den Reihen arabischer Israelis auf den Plan, die ihn als »gravierende Diskriminierung« bezeichnen. Am vergangenen Samstag demonstrierten tausende Juden und Araber gemeinsam gegen das geplante Gesetz in Tel Aviv.
»Wir lassen uns nicht zu Feinden machen« und »Gegen Diskriminierung – Für Gleichberechtigung«, stand auf ihren Schildern. Sozialminister Isaac Herzog sagte dem Armeeradio, dass so ein Gesetz einen Hauch von Faschismus an sich habe. »Das Gesamtbild ist sehr verstörend und gefährdet den demokratischen Charakter Israels. Es hat schon einen ›Tsunami‹ an Maßnahmen gegeben, die Rechte beschneiden. Wir werden einen hohen Preis für all das bezahlen.« Netanjahu argumentierte indes, dass »Israel die nationale Heimstätte des jüdischen Volkes ist, und ein demokratischer Staat für all seine Bürger. Es gibt keine andere Demokratie im Nahen Osten und keinen anderen jüdischen Staat in der Welt. Juden und Nichtjuden haben dieselben Rechte. Wer zu uns gehören will, muss uns anerkennen«.
Gemeinsam mit vielen Mitgliedern der Arbeitspartei hatten auch Benny Begin, Dan Meridor und Michael Eitan vom Likud gegen das Gesetz gestimmt. Der Direktor der Anti-Defamation League, Abe Foxman, hatte sich im Anschluss an den Kabinettsentscheid mit Netanjahu getroffen und seine Besorgnis geäußert, diese Entwicklung könne dazu beitragen, dass Kritiker Israel als »rassistischen Staat« bezeichnen. Nach Foxmans Auskunft habe der Premierminister gesagt, er wolle etwas tun, um diese Sichtweise zu ändern.
Abstimmung Doch auch die Anpassung des Entwurfs stößt auf Kritik: So sagte Avishay Braverman, Minister für Minderheitsangelegenheiten, dass diese Änderung »den Schaden, den Israel international und intern mit den israelischen Arabern dadurch erlitten hat, nicht mehr heilen wird«. Auch diese sei eine Wahnvorstellung, »genau wie die vorherige«, meinte Mosche Gafni vom Vereinten Tora-Judentum. »Wenn es Araber gibt, die dem Staat Israel nicht loyal gegenüber sind, wird eine Erklärung nichts daran ändern. Auch Juden, für die es das Rückkehrrecht gibt, hat der Eid keine Bedeutung.« Der orthodoxe Abgeordnete will aus genannten Gründen mit einem Nein stimmen, betont jedoch auch, dass es für gläubige Juden generell problematisch sei zu schwören. »Statt sich um die wirklichen Probleme seiner Bürger zu kümmern, wie etwa die Wohnungsnot, beschäftigt sich Netanjahu mit Nonsens«, so Gafni.
Nach einer Schätzung von Haaretz hat der Entwurf, der alle Immigranten einbeziehen würde, keine große Chance auf eine Mehrheit im Parlament. Lediglich 56 der 120 Abgeordneten würden ihm wohl zustimmen, meint die Tageszeitung. Der Entwurf stammt aus der Feder von Justizminister Jaakov Neeman, der gedroht hat, aus dem Kabinett auszuscheiden, sollte sein Vorschlag abgelehnt werden.