Frau Gruman, Herr Weinberg, »Scardust« werden beim Wacken Open Air auftreten. Wie aufgeregt sind Sie?
Noa Gruman: Wow, ich habe seit neun Jahren daran gearbeitet, diesen Gig zu bekommen. Ich war zwar 2013 schon mal da mit meinem Freund Orr, der die Band auch mitbegründet hat, aber damals griffen wir uns einfach nur die Gitarre, spielten ein paar Songs und die 60 oder 70 Leute um uns herum sagten: Macht was draus, und wir beschlossen, es als Band zu versuchen. Ein, zwei Jahre später haben wir dann Scardust gegründet.
Yoav Weinberg: Ich habe erst acht Jahre daraufhin gearbeitet (lacht). Ich erinnere mich noch an den Abend, als Noa und ich uns kennenlernten. Ein Freund hatte irgendwann erwähnt, dass es da diese Sängerin gäbe, die eine Progressive-Metal-Band habe und einen Drummer suchen würde. Ich war damals bei einer Drum-Clinic (Anm. d. Red. Work-Shop für Drummer) von Jojo Mayer, einem der wichtigsten Drummer, und Noa stand davor und verteilte Flyer, dass sie also für ihre Band einen Drummer suchten. Und so schloss sich der Kreis. Seitdem kämpfen wir uns so durch und spielen überall: in China, Großbritannien, Deutschland, und dieses Jahr zum ersten Mal auch in Belgien.
Freuen Sie sich auf etwas Bestimmtes? Die Atmosphäre in Wacken ist bekannt dafür, episch zu sein.
Noa: Exakt so ist sie. Es ist ein anderer Planet, auf dem man in diesem epischen Gefühl zusammen verbunden ist. Es ist nicht von dieser Welt. Ich freue mich auf die Energie auf die Stimmung.
Nach zweieinhalb Jahren der Pause durch die Pandemie: Wie fühlen Sie sich, jetzt endlich wieder auftreten zu können?
Noa: Ich habe am Sonntag gerade einen Song darüber geschrieben. Ganz im Ernst! Sie sprechen da etwas sehr Sensibles an. Zum allerersten Mal hätte ich beinahe aufgegeben. Ich bin eigentlich ein sehr optimistischer Mensch, sehe immer das Positive, hege Hoffnung. Yoav wird das bestätigen, denn er ist, was das betrifft, das komplette Gegenteil von mir. Aber die Pandemie hat mich echt auf die Probe gestellt. Besonders im vergangenen Herbst. Ich hatte das Gefühl, dass das niemals enden wird, dass alle meine Lebensentscheidungen falsch waren und dass es keine Zukunft geben werde. Dass wir einige Monate später schon touren würden, auf großen Festivals in Israel und jetzt in Wacken spielen, ist etwas surreal.
Was hat Ihnen denn Mut gegeben?
Noa: Einfach die Menschen um uns herum. Die Band, die Familie, Freunde, mein Chor »Hellscore«– sie alle haben uns unterstützt. Und wenn man so viele tolle Leute um sich herum hat, dann kann man nicht einfach so aufgeben.
Yoav, wenn Sie der pessimistische Typ sind: Wie sind Sie mit der Pandemie-Situation umgegangen?
Yoav: Es traf mich weniger intensiv als Noa. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass ich weniger viel zu Hause bin. Ich hatte auf einmal viel Zeit – für Sport fürs Kochen, fürs gesund Essen, für Hobbys. Ich konnte ja nirgendwo spielen, also hatte ich viel Freizeit. Es war wirklich verrückt, denn Noa verlor immer mehr den Mut, und ich dachte: Hey, das wird eines Tages aufhören. Die Leute werden wieder zu Konzerten kommen, und dann werden sie all das genießen, was wir während der Pandemie aufgenommen haben: ein Album, Videoclips etc. Nach Wacken zu kommen, fühlt sich an, wie nach Hause zu kommen. Als feststand, dass wir den Gig hundertprozentig haben, sagte unser Keyboarder: Was, wenn ich mich verspiele? Und ich meinte nur so: Wovon redest du? Wir werden Spaß auf der Bühne haben: So viele Leute kommen, und alle wollen eine gute Zeit mit uns und mit unserer Musik haben.
Was steckt hinter dem Namen »Scardust«?
Noa: Wir haben anfangs viel über Traumata gesprochen, über Erfahrungen im Leben. Und all das hinterlässt Narben. Es ist ja ein Wortspiel aus Stardust, einer wundervollen Sache, und Scars. Und diese Widersprüchlichkeit wollten wir hervorheben, und wir hoffen, dass man das in der Musik auch spürt.
Welche Bands haben »Scardust« beeinflusst?
Noa: Meine Bands waren immer Symphony X, Nightwish und Dream Theater. Unser Bandmitglied Orr wuchs mit einem Progressive-Rock-Vater auf, also hörte er all die klassischen Progessive- und die Heavy-Metal-Alben.
Yoav: Ich glaube, wir alle mögen Dream Theater. Mein Schlagzeugspiel ist definitiv durch sie beeinflusst worden. Ansonten: Progressive Rock aus den 70er-Jahren, Death Metal – das hört man besonders bei den Konzerten.
In Deutschland ist israelische Musik vielleicht eher bekannt durch Bands wie die um Idan Raichel oder HaDag Nachasch, aber wie sieht die Metal-Szene in Israel aus?
Noa: Es ist eine kleine Szene, und jeder kennt jeden. Ophaned Land sind natürlich die Bekanntesten. Walkways, mit denen wir gemeinsam in Wacken sind und danach auch in Berlin, Shredhead, Subterranean Masquerade und so viele mehr. Die Qualität der israelischen Metal-Bands ist echt hoch, und wir alle arbeiten sehr hart. Wir unterstützen einander.
Mit den beiden Musikern sprach Katrin Richter per Zoom.
»Scardust« und »Walkways« treten am 10. August im Berliner Privatclub auf.