Vier Gläser Wein sollen Juden in aller Welt am Sedertisch trinken, während sie die Haggada lesen. »Und dabei wäre ein wenig Abwechslung doch nett«, schlägt David Rhodes vor, der sich selbst als »Israeli wine guy« bezeichnet. Der Sommelier, Weinjournalist und Radiomoderator der Internet-Station TLV1.fm findet, dass Pessach eine gute Zeit ist, um die Vielfalt der hervorragenden neuen israelischen Weine auszuprobieren.
Denn die sind stark im Kommen. Weltweit räumen die guten Tropfen aus dem Heiligen Land eine Auszeichnung nach der anderen ab.
Die sieben größten Weinkellereien des Landes Carmel, Golan, Teperberg 1870, Recanati, Galil Mountain, Tabor und Yatir waren im März auf der internationalen Messe ProWein in Düsseldorf vertreten und brachten mehr als 100 ihrer feinsten Weine mit. Speziell zu diesem Anlass traten die großen Sieben zum ersten Mal gemeinschaftlich auf. Ihre Produktion macht mehr als 60 Prozent der Gesamtmenge in Israel aus.
Qualität Der Direktor der israelischen Handelsmission, Hemdat Sagi, freut sich über die Teilnahme an der Messe: »Unsere Weine haben sich einen internationalen Ruf in puncto Qualität aufgebaut, werden nach den strengsten Standards produziert und bekommen Anerkennung von Weinexperten aus der ganzen Welt. Ziel ist, sie in die Regale der deutschen Läden zu bringen, in einen Markt mit 82 Millionen Konsumenten. Denn sicher sind sich noch nicht alle bewusst, welche Vorzüge israelische Weine haben.«
Doch die Kellereien, die auf der Messe dabei waren, sind mitnichten die einzigen, die etwas zu bieten haben. In den letzten Jahren stießen immer mehr Boutique-Weinhersteller auf den Markt. Heute gibt es rund 300 Produzenten insgesamt, von denen 250 als Boutique angesehen werden – was sich hauptsächlich dadurch charakterisiert, dass sie klein sind und keine Massenware produzieren.
Rhodes sagt: »Es ist eine regelrechte Boutique-Revolution, die Anfang der 90er- Jahre begann. Sie entstand zusammen mit der Revolution des Essens. Die beiden Bereiche haben sich gegenseitig inspiriert und immer höher geschraubt.«
Wachstum Jährlich wächst der Markt und bringt es mittlerweile auf einen Gewinn von mehr als 220 Millionen Dollar (etwa 205 Millionen Euro) jährlich. 40 Millionen Flaschen Wein und Traubensaft werden jedes Jahr hergestellt, davon werden nach Angaben des lokalen Exportinstitutes 20 Prozent in alle Welt geliefert, hauptsächlich in die USA, nach England und Frankreich.
Der französische Weinexperte Marc Dworkin sagt über Israel: »Es ist ein kleines Land, in dem eine Weinregion spannender ist als die nächste.« Tatsächlich wachsen die Reben in allen Gegenden: in den Golanhöhen und Obergaliläa im Norden, in Galiläa und den Judäischen Bergen, entlang der Mittelmeerküste – und sogar in der kargen Negevwüste.
»Und das schon seit mehreren Tausend Jahren«, weiß Rhodes. Weine aus der Region seien in Aufzeichnungen des Altertums erwähnt und in der Tora wie im Neuen Testament beschrieben. Während der muslimischen Herrschaft lag die Weinproduktion rund 1300 Jahre brach und erlebte erst im 19. Jahrhundert mit jüdischer Besiedlung eine Renaissance. Die Pioniere fühlten sich dem Land verbunden und investierten in die Landwirtschaft, darunter auch in Weinstöcke.
Qualität Vor 30 bis 40 Jahren dann habe der Wein einen riesigen Schritt in Richtung Qualität gemacht. Während Israel vorher in allererster Linie als »Land des koscheren Weins« bekannt war, geht es heute in Richtung »Land des Qualitätsweines«.
Natürlich sei das Zertifikat »koscher« noch immer ein Prädikat, erklärt Rhodes. Der Innovationsgeist der Israelis produziere Neues in kurzer Zeit. Da man mengenmäßig nicht mit den großen Regionen wie Italien, Spanien oder Frankreich mithalten könne, setzen die Hersteller auf Trauben für Nischen, etwa Cabernet Franc, Carignan oder Petite Sirah.
»Und heute räumen unsere edlen Tropfen Preise auf der ganzen Welt ab«, sagt er nicht ohne Stolz. Die Besten des Landes kommen seiner Meinung nach aus den kühleren Regionen im Golan, den Judäischen Bergen und Galiläa. Und zu Pessach könne man eigentlich gar nicht genug davon genießen.
Auswahl Der »Israeli wine guy« selbst würde zum Freiheitsfest auf jeden Fall mehrere Flaschen auf den festlichen Sedertisch stellen. »Nehmen Sie nicht nur einen Cabernet Sauvignon«, rät David Rhodes, »sorgen Sie stattdessen für Spannung, etwa mit vier verschiedenen Rotweinen für die vier Gläser, zum Beispiel Pinot Noir (Spätburgunder), Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Oder wechseln Sie zwischen vier verschiedenen Weinkellereien aus Israel ab. Und dann Chag Sameach – und L’Chaim!«