Eden Golan (20) hat Israel beim Finale des 68. Eurovision Song Contest auf den fünften Platz gesungen! Die Sängerin holte beim Finale am Samstagabend in Schweden insgesamt 375 Punkte. Acht davon kamen aus Deutschland, das mit 117 Punkten auf dem zwölften Platz landete. Den Gesangswettbewerb gewann aber klar die Schweiz mit 591 Punkten.
Während der Bewertung der Jurys lag Israel lange im Mittelfeld der 26 teilnehmenden Länder, bekam von den Experten nur 52 Punkte. Doch als die Zuschauerpunkte verkündet wurden, kam die große Überraschung: Eden Golans Hit »Hurricane« holte 323 Punkte vom Publikum - zwölf davon kamen aus Deutschland.
Mehr gab es von den Zuschauern nur für Kroatien (334 Punkte). Die Abstimmung der Zuschauer dürfte auch ein Zeichen der Solidarität mit der Sängerin sein, die seit Tagen Hass und Mobbing ausgesetzt ist.
Schon als Eden Golan beim Einlauf der Nationen die Bühne betrat, waren Pfiffe in der Halle zu hören. Beim Vortragen ihres Liedes »Hurricane« musste Golan zahlreiche Pfiffe und laute Buhrufe über sich ergehen lassen. Unruhe erfasste kurz den Saal. In der TV-Übertragung war davon wenig zu hören, da Tontechniker die Buhrufe herunter gepegelt hatten, doch Smartphone-Aufnahmen zeigen, welche Stimmung in der ESC-Arena herrschte.
Auch als Israel die Punkteverteilung seiner Jury verkündete, gab es aus der ESC-Arena Buhrufe. Die zwölf Punkte gingen an Luxemburg.
Israelfeindliche Proteste in Malmö
Eden Golan hatte bereits zum Halbfinale Protestreaktionen von Zuschauerinnen und Zuschauern gegen Israel erlebt. Bei beiden Auftritten hatte jedoch der Jubel des Publikums klar überwogen.
Zu Beginn des Finales gab es zudem auf der Bühne eine symbolische Abweichung von der Show: Irlands Act Bambie Thug trug die Flagge des Landes nicht wie üblich als Cape, sondern als Kleid am Körper. Bambie Thug hatte als Protest gegen die Politik Israels ursprünglich Forderungen nach Waffenstillstand aufgemalt auf dem eigenen Körper tragen wollen, hatte dies auf Druck der Veranstalter jedoch verworfen.
Erneut versammelten sich in der südschwedischen Stadt mehr als 10.000 Menschen zu einer antisemitischen Kundgebung, bei der sie Israel einen Völkermord im Gazastreifen vorwarfen und forderten, Israel vom ESC auszuschließen. Ob es möglicherweise noch weitere Protestaktionen in der Final-Show gibt, war zunächst völlig unklar.
Eden Golan musste schon vor Beginn des Finales am Samstagabend Hass und Mobbing über sich ergehen lassen. Schon Wochen vor Beginn des ESC gab es Morddrohungen gegen die 20-Jährige. In Malmö durfte sie auf Anraten von Sicherheitsbehörden nur für Auftritte und Proben ihr Hotel verlassen, wurde dort von Agenten des Mossad, dem israelischen Auslandsgeheimdienst, bewacht.
Zur Konzertarena gab es eine Eskorte. In der Innenstadt gab es antisemitische Proteste, an denen auch die Aktivistin Greta Thunberg teilnahm und »From the river to the sea, Palestine will be free« skandierte. Die Schwedin wurde am Samstagabend bei einer Kundgebung festgenommen.
Niederländische und griechische Sänger mobben Eden Golan
Doch selbst vor einer ausgewählten Öffentlichkeit bei offiziellen ESC-Presseterminen schlug Eden Golan Ablehnung und Antisemitismus entgegen. Bei einer Pressekonferenz nach dem Halbfinale am Donnerstag legte die griechische Sängerin Marina Satti demonstrativ den Kopf auf den Tisch und gähnte, als Golan interviewt wurde.
Für Aufsehen sorgte auch ein polnischer Journalist, der die jüdische Sängerin fragte, ob sie sich angesichts der Demonstrationen in Malmö gefragt habe, ob sie mit ihrer Teilnahme nicht die anderen Sänger in Gefahr bringe. Im Angesicht dieser Täter-Opfer-Umkehr ging ein Raunen durch den Raum. Golans Manager sagte ihr, sie müsse auf diese Frage nicht antworten.
Der niederländische Sänger Joost Klein, der während der Pressekonferenz sich demonstrativ seine Landesfahne über den Kopf gezogen hatte, schreckte daraufhin hoch und fragte: »Warum nicht?«
Doch Eden Golan ließ sich von diesem Seitenhieb nicht beirren und antwortete, dass sie nur aus einem Grund in Malmö sei und die Veranstalter dafür sorgten, dass der ESC für alle sicher sei.
Joost Klein wurde wenig später vom ESC-Finale ausgeschlossen, weil er eine Kamerafrau des schwedischen Fernsehens bedroht haben soll. Aufgrund seines Rauswurfs entstand in der Parade an Startnummer 5 ein kleines, kaum merkliches Loch - was im Fernsehen durch Musik und Bilder von tanzendem Publikum gefüllt wurde.
Der finnische Sänger Käärijä ließ sich Backstage mit Eden Golan beim Tanzen filmen. Doch als das Video online gestellt wurde, knickte der Rapper vor dem Hass ein. Nach zahlreichen Anfeindungen veröffentlichte er auf seinem Instagram-Account eine Story, in der er betonte das Video sei gegen seinen Willen hochgeladen worden. Es sei auch kein politisches Statement. Kurz darauf kündigte Käärijä an, dass er beim Finale nicht wie ursprünglich geplant die Punkte für Finnland bekannt zu geben. »Es fühlt sich einfach nicht richtig an«, teilte er mit. ja/dpa