Endlich unter Dach und Fach. Nach mehrmonatigen Verhandlungen konnte der Vorstandsvorsitzende von Air India, Ashwani Lohani, Ende Februar in Tel Aviv verkünden, dass seine Airline nun Direktflüge zwischen dem indischen Subkontinent und dem jüdischen Staat anbieten kann. Damit war das Monopol von EL AL auf der Strecke zwischen beiden Ländern gebrochen, was wohl zu mehr Wettbewerb und sinkenden Preisen führen wird.
Gerade die vielen jungen Israelis, für die der Indien-Trip nach dem Militärdienst zum guten Ton gehört, dürfte das freuen. Denn der israelisch-indische Tourismus boomt. 2016 kamen 45.000 Inder zu Besuch nach Israel, und allein EL AL brachte mehr als 60.000 Passagiere von Tel Aviv nach Mumbai.
Kronjuwel Es war nicht die einzige Nachricht aus Indien, die in israelischen Medien für Schlagzeilen sorgte: Kurz darauf genehmigte Premierminister Narendra Modi den Kauf von 40 Einheiten des Barak-8-Luftabwehrsystems, das gemeinsam von Israel Aerospace Industries (IAI) und Indiens Defense Research and Development Organisation (DRDO) entwickelt wurde.
Wert des Deals: 2,5 Milliarden Dollar. »Das System ist in der Lage, feindliche Maschinen, Drohnen sowie Aufklärungsflugzeuge aus einer Distanz von 50 bis 70 Kilometern zu neutralisieren, und schließt damit eine Lücke in unserer Luftverteidigung«, hieß es aus dem indischen Verteidigungsministerium.
Die israelische Tageszeitung Yedioth Ahronoth bezeichnete Barak-8 gar einmal als »Kronjuwel« der militärtechnischen Partnerschaft zwischen beiden Ländern. Eine Auslieferung ist für 2023 vorgesehen. Und es ist nicht das einzige israelisch-indische Joint Venture auf diesem Gebiet. In der Pipeline befindet sich ebenfalls ein seegestütztes Langstreckenraketensystem, kurz LR-SAM, für die indische Marine.
UNO Dabei ist es gerade einmal 25 Jahre her, dass Israel und Indien offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen haben. In den Jahrzehnten zuvor konnte man kaum von einem herzlichen Verhältnis sprechen. So stimmte Neu-Delhi 1947 gegen die Teilung Palästinas, gegen die Aufnahme des jüdischen Staates in die UNO und stand als einer der Initiatoren der Bewegung der blockfreien Nationen regelmäßig auf Seiten der Feinde Israels.
Das sieht heute ganz anders aus. »Ich bin gekommen, um laut und deutlich zu sagen: Indien ist einer unserer wichtigsten Wirtschaftspartner«, so Staatspräsident Reuven Rivlin anlässlich dieses Jubiläums bei seinem jüngsten Besuch in Indien. Schließlich sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Über fünf Milliarden Dollar beträgt das Handelsvolumen mittlerweile – militärische Güter nicht mitgerechnet. Indien ist darüber hinaus zum größten Kunden der israelischen Rüstungsindustrie aufgestiegen. Denn von den Waffen im Wert von 5,7 Milliarden Dollar, die Israel 2015 ausführte, ging rund eine Milliarde Dollar auf das Konto des aufstrebenden Schwellenlandes. Nur Moskau liefert mehr an Neu-Delhi.
Exporte Welche Dimensionen das hat, verdeutlichte kürzlich das Friedensforschungsinstitut SIPRI in Stockholm, als es seine neuesten Zahlen veröffentlichte. Demnach importierte kein anderes Land zwischen 2012 und 2016 mehr Rüstungsgüter als Indien. Satte 13 Prozent aller Waffenexporte weltweit flossen auf den indischen Subkontinent.
Ein Gradmesser der israelisch-indischen Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet ist die alle zwei Jahre stattfindende Defexpo India in Goa, wo der jüdische Staat mittlerweile mit einem der größten Pavillons vertreten ist. Auch reisen immer wieder hochrangige Militärs aus Israel an, wie zuletzt der damalige Verteidigungsminister Mosche Yaalon.
Das war ein Novum, weil vor allem die indische Seite darauf bedacht war, die militärischen Kooperationen aus innenpolitischen Gründen nicht allzu publik zu machen – aus Rücksicht auf die viele Millionen zählende muslimische Minderheit im Land. »Aber nun finden die Militärbeziehungen in aller Öffentlichkeit statt«, schrieb die Times of India. »Generell ist das Verhältnis beider Länder sichtbarer geworden«, lautet dazu auch das Urteil von Daniel Carmon, Israels Botschafter in Neu-Delhi.
Made in India »In Fragen der Sicherheit sind Israel und Indien mit sehr ähnlichen Bedrohungsszenarien konfrontiert«, ergänzt der ehemalige Brigadegeneral Michel Ben Baruch, nun Vorsitzender von SIBAT, der Abteilung für Internationale Verteidigungskooperationen des israelischen Verteidigungsministeriums bei der Eröffnung der Aero India im Februar. »Dabei wird der ›Made in India‹-Aspekt immer wichtiger.«
Bereits seit Jahren ist beispielsweise Elbit Systems vor Ort aktiv. Bis dato waren es jedoch lediglich Artilleriegeschütze für die indische Armee. Nun geht man einen Schritt weiter und lässt sogar Drohnen vom Typ Hermes 450 und Hermes 900 zusammen mit seinem indischen Partner Alpha Design Technologies hier herstellen.
Wer in Indien produziert, hat bei Ausschreibungen des Verteidigungsministeriums bessere Karten – so die Rechnung. Angesichts der Tatsache, dass Neu-Delhi bis 2022 für 310 Milliarden Dollar seine Streitkräfte modernisieren will, keine schlechte Strategie und ein Pluspunkt gegenüber der Konkurrenz.