Obwohl sich Israel bereits seit eineinhalb Wochen in einem strikten nationalen Lockdown befindet, sind die Zahlen der Neuinfektionen mit dem Coronavirus nach wie vor extrem hoch. Am Sonntag habe die Positivrate der Tests bei 9,1 Prozent gelegen, die höchste seit mehreren Monaten. Mittlerweile verzeichnet das kleine Mittelmeerland mehr als 4000 Tote durch die Pandemie.
MILLION Zur selben Zeit läuft die Impfkampagne auf vollen Touren. Bereits mehr als 2,1 Millionen Menschen haben die erste Dosis erhalten und mehr als eine Viertel Million die zweite. Corona-Berater Nahman Ash erklärte, dass sich alljene, die voll immunisiert sind, nicht mehr in Quarantäne begeben müssen. In den nächsten Tagen will Ash zudem Details zum Programm des »grünen Gesundheitspasses« bekanntgeben.
Der einstige aschkenasische Oberrabbiner Israel Meir Lau (83) und seine Frau wurden nach Angaben von israelischen Medien positiv getestet, obwohl beide bereits zum zweiten Mal mit dem Vakzin von Biontech-Pfizer geimpft worden waren. Das Paar fühle sich »großartig und zeige keine Symptome«.
Der einstige Oberrabbiner Israel Meir Lau und seine Frau wurden nach ihrer zweiten Impfung positiv getestet.
Das Mittel soll zehn bis 14 Tage nach der ersten Spritze rund 50 Prozent vor einer Infektion schützen und einige Tage nach der zweiten bis zu 95 Prozent. Laus Enkel Yedidya Lau tweetete, dass sich der Rabbiner bei seiner Frau angesteckt habe. Während er die Spritze erhielt, hatte er gesagt: »Haben sie keine Angst. Die Impfung ist eine Verpflichtung für uns alle.«
KRITIK Das Corona-Kabinett erwägt aufgrund der hohen Infektionszahlen, den Lockdown, der zunächst bis zum 21. Januar gelten soll, um eine weitere Woche zu verlängern. Doch die Kritik gegen die Maßnahme wächst. Vor allem, weil sich zusehends ultraorthodoxe Gruppen und Einrichtungen weigern, die Restriktionen zur Eindämmung des Virus umzusetzen.
Die Positivrate in charedischen Gegenden ist überdurchschnittlich hoch, gefolgt von arabischen Gemeinden, wo sich die Menschen ebenfalls oft nicht an die Regeln halten. Während des Lockdowns sollen sämtliche Schulen, Kindergärten, Geschäfte, Restaurants und Veranstaltungsbetriebe geschlossen sein. Die Israelis dürfen sich bis auf Ausnahmen lediglich in einem Umkreis von einem Kilometer aus ihren Häusern bewegen.
Derzeit gibt es nach Angaben des Gesundheitsministeriums insgesamt 81.275 aktive Fälle. Die Rate von positiven Coronatests liegt im ganzen Land durchschnittlich bei fünf Prozent, in charedischen Gegenden bei 20 Prozent und mehr.
PATIENTEN Gleichsam wird angenommen, dass die Mehrzahl der Minister pro Verlängerung stimmen. Obwohl mehrere Gesundheitsexperten erklärten, dass die Maßnahme weder die Infektionszahlen noch die Anzahl der Patienten in den Hospitälern wesentlich verringern werde.
Am Montagmorgen befanden sich 1945 Covid-19-Kranke in Krankenhäusern, 1177 von ihnen seien in »ernstem Zustand«. Die Lage im Gesundheitssystem sei »extrem angespannt«, so der Corona-Berater.
»Der Lockdown ergibt keinen Sinn, wenn er lediglich teilweise durchgesetzt wird.«
Blau-Weiß-Chef Benny Gantz
Am Sonntag war es zu Auseinandersetzungen am Rand der ultragreligiösen Jerusalemer Viertel Mea Schearim und Beit Israel gekommen, als Polizeibeamte versuchten, die Corona-Vorgaben durchzusetzen. Mehrere Charedim warfen Steine und andere Objekte gegen die Sicherheitskräfte. Jedoch wird immer wieder davon berichtet, dass die Polizei sich größtenteils von den ultraorthodoxen Vierteln fernhält.
VERLÄNGERUNG Blau-Weiß-Chef und Verteidigungsminister Benny Gantz erklärte, »der Lockdown ergibt keinen Sinn, wenn er lediglich teilweise durchgesetzt wird«. Er wolle lediglich dann für eine Verlängerung stimmen, wenn er überall implementiert ist.
Beschlossene Sache indes sind neue Reiserestriktionen: Ab sofort dürfen nur noch Menschen nach Israel einreisen (auch jene mit israelischem Pass), die einen negativen Coronatest vorlegen können, der nicht älter ist als 72 Stunden. Alle Rückkehrer müssen sich nach dem Landen am Ben-Gurion-Flughafen nach wie vor in die Heimquarantäne begeben.
Bewohner Israels sollen nach der Zustimmung des Kabinetts zu dieser Maßnahme das Land nur noch dann verlassen dürfen, wenn sie sich auf eine diplomatische oder Geschäftsreise begeben. Ein Komitee könnte zudem die Genehmigung für bestimmte humanitäre Fälle erteilen.