Wer das Büro von Rivka Rabinowitz betritt, muss erst einmal suchen. Hinter einem großen Tisch leuchtet es: Dort sitzt die kleine Frau in einem farbenfrohen Kleid, mit rot lackierten Fingernägeln und der Akkreditierung für die Maccabiah 2013 um den Hals. Besser gesagt: Sie thront. Denn die 90-jährige Vize-Ehrenpräsidentin ist die heimliche Königin des Makkabi-Weltverbandes mit Sitz in Israel.
Ihr Herz erglühte schon im Alter von zwölf Jahren für die Bewegung, und sie wurde Mitglied. An der zweiten Maccabiah nahm sie als Gymnastin teil, erzählt sie. »Wir sind in weißen Uniformen von der Nachalat-Binyamin-Straße in den Norden Tel Avivs marschiert.« Dort war das Stadion, und »Bürgermeister Meir Dizengoff saß auf einem Pferd, und um das Stadion herum waren nichts als Sand und Steine«. Diese Glut ist über all die Jahrzehnte hinweg nie erloschen. Rivka Rabinowitz widmete einen großen Teil ihres Lebens Makkabi, und es gibt wohl kaum jemanden, der den Betrieb besser kennt: »Ich habe alle Aufgaben hier gemacht, die man sich denken kann.« Und trotz ihres hohen Alters kommt sie jeden Tag zur Arbeit – ehrenamtlich, versteht sich.
Kokett Seit Jahren ist die Vize-Ehrenpräsidentin nun schon für die Pflege der Kultur im Verband verantwortlich, und dazu gehört auf jeden Fall das »Pierre Gildesgame Museum«, das zusammen mit einem Archiv auf dem Gelände des Makkabi-Weltverbandes in Ramat Gan steht. Auf drei Stockwerken können Besucher anhand von Fotos, Dokumenten und Trophäen die Geschichte des jüdischen Sports und die Idee der Maccabiah bis hin zu ihrer Umsetzung verfolgen. Nach Ländern und Sportvereinen geordnet, sieht man stramm stehende Männer in Turnhosen und kokett sitzende Frauen in Badeanzügen, wie etwa die österreichische Schwimmlegende Judith Deutsch.
Auch Schwimmer Mark Spitz, der Jahrzehnte später mit sieben Goldmedaillen Olympiageschichte schrieb, ist zu sehen: Bei der zwölften Maccabiah 1985 entzündete er das Feuer. Und man wird im Museum auch an das schreckliche Unglück von 1997 erinnert, als eine eilends für die Eröffnung gebaute Fußgängerbrücke über dem Hajarkon-Fluss unter der Last von australischen Athleten zusammenbrach und vier von ihnen starben.
Erfolg Erfinder des sportlichen Ereignisses, das Juden aus aller Welt alle vier Jahre zusammenbringt, ist Josef Jekutieli. Der Sportlehrer aus Russland hatte als Jugendlicher die Olympischen Spiele in Stockholm besucht und verliebte sich in die Idee, etwas Ähnliches für Juden aus aller Welt abzuhalten. Unerschütterlich verfolgte er sein Ziel: Er hielt Reden, suchte Mitstreiter, sammelte Geld, schrieb an Behörden, Politiker und Regierungen. Um für die erste Veranstaltung zu werben, schickte er gar zwei Delegationen auf Motorrädern nach Europa. Die Männer starteten im Sinai und fuhren annähernd 10.000 Kilometer in sämtliche europäischen Hauptstädte.
Sie hatten Erfolg: Genau 1800 Jahre nach der Revolte von Bar Kochba fanden 1932 die Spiele in Tel Aviv statt. 1350 Athleten aus 28 Ländern nahmen teil. Darunter 134 Deutsche, von denen viele in Israel blieben.
Zeitgemäß Rivka Rabinowitz, die später im Basketballteam spielte – »dem besten in Israel« –, ist stolz, dass der Verband neben dem Sport auch die zionistische Idee hochhält: »Wir haben uns um den Aufbau des Staates gekümmert, haben neben dem Sport auch Kulturpflege betrieben«, sagt sie und verweist auf die lange Liste von Veranstaltungen und Informationsfahrten für Kinder und Jugendliche. Neben dem Museum ist die 90-Jährige auch für begleitende Ausstellungen verantwortlich. Etwa die mit Bildern von jüdischen Kindern aus der ganzen Welt zum Thema Sport. Alle vier Jahre zur Maccabiah wird sie ausgewechselt. Die Idee kam ihr bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko, die sie besuchte. »Da hab ich Bilder von Kindern gesehen, das hat mich inspiriert.« Und so hat sie angefangen und seitdem Tausende Bilder gesammelt.
Im Museum ist eine Gruppe Kinder gerade mit einem Quiz beschäftigt. Abgefragt wird, was sie zuvor gesehen und gelernt haben. »Es ist schwer«, sagt die Gruppenleiterin. Das Museum sei mit den vielen Fotos und Lesetexten nicht mehr zeitgemäß. Rivka Rabinowitz stimmt zu. »Wir wollen das Konzept ändern und die Räume renovieren«, sagt sie. Aber dazu sei jetzt keine Zeit. Schließlich sei gerade Maccabiah.