Er ist schmuddelig und schäbig. Graffiti sind an sämtliche Wände geschmiert, auf den Betonbänken lungern dubiose Gestalten herum. Manche betteln um ein paar Schekel. Die Bodenplatten sind übersät mit Flecken, in den Ecken liegt Hundekot. Die Mitte bildet ein bunter Brunnen, von dem langsam die Farbe abblättert. Voller Abfall vermittelt er eher den Eindruck eines überdimensionierten Mülleimers denn eines Kunstwerkes. Es ist ein ungemütlicher Ort, an dem man nicht verweilen mag. Dabei sollte er ein Aushängeschild der Stadt sein: der Dizengoff-Platz im Zentrum von Tel Aviv. Jetzt hat die Verwaltung endlich beschlossen, das Wahrzeichen zu renovieren.
Der Brunnen inmitten des Platzes ist eigentlich die Skulptur »Feuer und Wasser« des bekannten israelischen Künstlers Jaakov Agam, die 1986 aufgestellt wurde. Früher fanden täglich mehrere Vorführungen mit den zwei Elementen statt, untermalt von klassischer Musik, die Tausende von Besuchern anzogen. Heute ist es still geworden, die Glasschilder mit Erklärungen zu dem Kunstwerk sind zerschlagen, Passanten werfen ihren Müll ins Becken. Musik tönt lediglich noch aus der Falafelbude in der Nähe.
Plateau Derzeit befindet sich der Platz auf einem erhöhten Plateau, Autos, Busse und Lastwagen fahren unten hindurch. Entworfen und gebaut wurde er 1934 von der Architektin Gena Averbuch, benannt ist er nach der Frau des ersten Bürgermeisters von Tel Aviv, Zina Dizengoff. Sein kreisrundes Design mit sechs Straßen rundherum, die sternförmig abgingen, brachte ihm im Volksmund den Namen »Place D’Etoile de Tel Aviv« ein. Fußgängern bot er viele Möglichkeiten für eine kleine Verschnaufpause unter schattigen Bäumen. Vier Jahrzehnte darauf erhöhte die Stadt den Platz, um des anschwellenden Verkehrsaufkommens Herr zu werden. Jetzt verlaufen die Straßen unter dem Plateau in sechs Richtungen.
Die Plaza liegt inmitten der Straße mit demselben Namen, eine der größten und berühmtesten Flaniermeilen Tel Avivs. Während die Straße in den vergangenen Jahren zusehends attraktiver wurde, verkam der Platz zu einem Schandfleck. Unweit des Strandes ist diese Gegend Magnet für Besucher aus dem In- und Ausland. Hier findet auch regelmäßig ein Floh- und Antiquitätenmarkt statt. Umso mehr verwundert die jahrelange Vernachlässigung.
»So zentral gelegen müsste es eindeutig das schönste Plätzchen sein«, findet Hadar Levi, die nur ein paar Ecken entfernt wohnt. »Stattdessen ist es einer der hässlichsten Orte überhaupt. Ich bin so froh, dass nun endlich etwas geschehen soll. Für mich gibt es keine Frage, der Platz soll wieder so werden wie früher. Meine Eltern sind damals jeden Schabbat hier spazieren gegangen und erzählen mir immer, wie wundervoll es war.«
Bürgerbeteiligung Über das neue Design soll ganz demokratisch entschieden werden. Vor der Umgestaltung will das Rathaus eine groß angelegte Befragung der Einwohner der Stadt durchführen, damit sie mitentscheiden können. Die Bürger dürfen sich für einen von drei Vorschlägen entscheiden: die Renovierung des Platzes auf der jetzt existierenden erhöhten Ebene, Abriss der Erhöhung und Umgestaltung zum ursprünglichen Aussehen auf Straßenniveau oder die Rückkehr auf ebenerdiges Niveau mit Bau einer unterirdischen Parkgarage.
Insgesamt sollen 2.300 Leute ihre Meinung äußern können. 400 Bewohner in der direkten Umgebung des Platzes und 1.600 im restlichen Stadtgebiet sowie 300 Geschäftsinhaber. Stadtplaner wollen die Tel Aviver per Telefon befragen, außerdem haben Interessierte die Möglichkeit, ihre Meinung auf der Website der Stadt oder in speziell aufgestellten Befragungsboxen in der Umgebung kundzutun.
Bürgermeister Ron Huldai hat zugesagt, dem Ergebnis Folge leisten zu wollen, er selbst würde keines der drei Designs vorziehen. Er betonte jedoch, dass Pkw-Stellplätze in der Stadt Mangelware seien und es daher gut wäre, eine weitere unterirdische Parkgarage zu haben.
Vor einigen Jahren hatten Bürger eine Initiative gegründet, darunter viele bekannte Persönlichkeiten der Stadt, Künstler und Architekten, mit dem Ziel, dem »Kikar Dizengoff« sein originales Aussehen wiederzugeben. »Wir wollen ihn wieder zu den Bürgern zurückbringen«, sagen sie, »damit er wieder so belebt und beliebt wird wie in seiner Blütezeit.«