Interview

»Die Würfel sind gefallen«

Herr Asculai, viele Israelis befürchten, dass ein Krieg mit dem Iran in Kürze bevorsteht. Wie realistisch ist dieses Szenario?
Wann ein Präventivschlag gegen die iranischen Atomanlagen erfolgen wird, wissen nur etwa eine Handvoll israelischer Politiker. Wir können also nur Mutmaßungen anstellen. Fest steht aber, dass es noch nie so viele Hinweise auf einen Angriff gab wie heute. Ministerpräsident Netanjahu und Verteidigungsminister Barak wirken fest entschlossen, Teherans Atomprogramm noch vor den US-Wahlen im November zu stoppen. Nach meiner Einschätzung sind die Würfel gefallen.

Welche Anzeichen gibt es dafür?
Ehud Barak sagt öffentlich, dass rund 500 Israelis sterben werden, wenn Iran im Zuge eines Gegenschlags jeden Tag Hunderte Raketen auf Israel abfeuert. Zivilschutzminister Matan Vilnai erklärt, dass der jüdische Staat besser denn je auf Krieg mit Iran vorbereitet sei und dass die Auseinandersetzung rund 30 Tage dauern würde. Netanjahu lässt derweil verlauten, dass er einen baldigen Militärschlag befürwortet. Gleichzeitig tauchen Dokumente in den Medien auf, die ganz konkrete Pläne Israels für einen Krieg zeigen. Wann hat es das jemals im Konflikt mit dem Iran gegeben? Das ist eine neue Qualität.

Ist die Zeit für diplomatische Verhandlungen und noch schärfere Sanktionen gegen Teheran unwiderruflich vorbei?
Beides ist schon längst gescheitert. Iran hat die Weltgemeinschaft jahrelang an der Nase herumgeführt und sich zu Recht über die unentschlossenen Europäer lustig gemacht. Ahmadinedschad hat Israel immer wieder mit Auslöschung gedroht, während die Europäer darüber rätselten, ob dies tatsächlich ernst gemeint sein könnte. Weder Sanktionen noch Verhandlungen werden Teherans Atomprogramm stoppen. Wir dürfen uns keine Illusionen machen. Der Iran wird schon bald die Mittel dazu haben, seine nuklearen Ziele zu verwirklichen – wenn Jerusalem untätig bleibt.

Mit welchen Konsequenzen hätte Israel im Falle eines Gegenschlags zu rechnen?
Entweder greifen die Iraner Israel sofort an mit allem, was sie haben. Damit würden sie sehenden Auges in den Tod gehen, was sie nur tun werden, wenn sie tatsächlich so fanatisch sind, wie sie immer vorgeben. Das ist das apokalyptische Szenario. Oder sie werden über Hamas, Hisbollah und islamischer Dschihad sowie in allen Ländern dieser Erde versuchen, Juden zu töten. So oder so: Jede Handlungsmöglichkeit ist für unsere Regierung eine Katastrophe. Offenbar aber ist Netanjahu zu der Erkenntnis gelangt, dass es weniger fatal ist, Irans Atomanlagen zu bombardieren, als es nicht zu tun.

Wie ist angesichts der Kriegsgefahr die Stimmung im Land?
Die Israelis sind nicht bekannt dafür, schnell panisch zu werden. Umso bemerkenswerter ist es, dass viele äußerst besorgt sind. Diejenigen, die es können, besorgen sich Staatsbürgerschaften aus ihrer alten Heimat wie beispielsweise Deutschland oder Frankreich.

Mit dem israelischen Sicherheits- und Atomexperten sprach Philipp Peyman Engel.

Untersuchung zum 7. Oktober

Eingeständnis des Versagens

Während Armee und Inlandsgeheimdienst Versäumnisse einräumen, verweigert die Regierung weiter eine Untersuchung ihrer Rolle am »Schwarzen Schabbat«

von Sabine Brandes  17.03.2025

Hilfe

Israel hilft Brandopfern in Nordmazedonien

Eine medizinische Delegation des Sheba-Krankenhauses mit Spezialisten für Verbrennungen ist auf dem Weg

von Sabine Brandes  17.03.2025

Tel Aviv

Deutsche Firmen wollen sich mit Start-ups aus Israel vernetzen

Der russische Angriff auf die Ukraine und die Unsicherheit über den Kurs von US-Präsident Trump lassen die Staaten Europas kräftig aufrüsten. Israelische Start-ups können mit Innovationen aufwarten

 17.03.2025

Debatte

Protestaufrufe gegen Entlassung des Geheimdienstchefs

Premier Netanjahu hatte am Sonntagabend die Entlassung von Ronen Bar angekündigt

 17.03.2025

Krieg

Der Erklärer

Armeesprecher Daniel Hagari begleitete die Israelis durch die schwersten Tage ihrer Geschichte. Jetzt hängt er seine Uniform an den Nagel – offenbar nicht ganz freiwillig

von Sabine Brandes  16.03.2025

Geiseln

»Ich bin aus den Tunneln wiedergeboren«

Tal Shoham gibt nach 505 Tagen in den Hamas-Tunneln ein erstes Interview. Er fordert die Freilassung der noch in Gaza verbleibenden Menschen

von Sabine Brandes  16.03.2025

Libanon

Hisbollah-Mitglieder nach Verstoß gegen Waffenruhe getötet

Auch während der seit November geltenden Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah kommt es immer wieder zu tödlichen Angriffen der israelischen Luftwaffe. Israel begründet dies mit Verstößen

 16.03.2025

Jemen

Huthi-Anführer verlassen Hauptstadt nach Angriffen im Jemen

Nach den US-Angriffen und aus Sorge vor weiteren Explosionen fliehen einige führende Mitglieder aufs Land

 16.03.2025

Nahost

Erster Besuch nach mehr als 50 Jahren

Begeisterung: Eine drusische Delegation aus Syrien reist nach Israel und trifft sich mit dortigen Gemeindemitgliedern

von Sabine Brandes  16.03.2025