Mehr als 10.000 Wahllokale haben am Dienstagmorgen ihre Türen geöffnet – für die Wahl zur 21. Knesset, die viele Experten im In- und Ausland als entscheidend für die Zukunft des Landes bezeichnen. Da der Tag als Feiertag gilt, Schulen sowie Kindergärten geschlossen sind und die meisten frei haben, verbinden viele Menschen den Urnengang mit einem Familienausflug – bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen bis 25 Grad.
Um zehn Uhr morgens lag die Beteiligung bei 12,9 Prozent, wie die Leiterin des zentralen Wahlkomitees, Orly Adas, mitteilte. Tatsächlich aber liegt sie höher, denn von allen Wahllokalen teilten lediglich 7031 die Zahlen mit.
AUSLAND Als Wähler registriert sind alle Bürger ab 18 Jahren, insgesamt 6,3 Millionen Israelis. Doch die Zahl der tatsächlich anwesenden Wahlberechtigten liegt bei nur rund 5,6 Millionen, da nach Adas‹ Angaben etwa zwölf Prozent dauerhaft im Ausland leben und dort nicht wählen dürfen, da es in Israel kein Wahlrecht bei Nichtanwesenheit gibt. Selbst Menschen im Urlaub oder auf Geschäftsreise haben keine Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben. Eine Briefwahl, wie in Deutschland etwa, existiert nicht.
»Demokratie ist nicht selbstverständlich«, mahnt Präsident Rivlin.
Präsident Reuven Rivlin rief die Bevölkerung auf, zur Wahl zu gehen. »Demokratie ist nicht selbstverständlich – Wahlen sind eine Feier der Demokratie.« Es reiche schon, sich die Nachbarländer anzuschauen, so der Präsident, »um zu sehen, dass das Recht der Bürger, ihr Leben, ihr Schicksal und ihre Zukunft selbst zu gestalten, nur durch harte Arbeit erreicht werden kann«.
T-SHIRTS Schon kurz nach der Öffnung des Wahllokals in seiner Heimatstadt Rosch Haaijn erschien Benny Gantz, der Chef der Zentrumsunion Blau-Weiß, die den amtierenden Premier Benjamin Netanjahu herausfordert. »Wir sind so stolz auf euch alle«, rief er den umstehenden Aktivisten zu, die ihm in T-Shirts mit dem Aufdruck »Heute wechseln wir die Regierung« zujubelten. »Lasst es uns schaffen!«
Netanjahu forderte per Facebook Unterstützer auf, mit ihm über die sozialen Medien zu kommunizieren. Auch andere Politiker zeigten sich bei der Stimmabgabe, darunter Justizministerin Ayelet Shaked von Hajamin Hachadasch, Knessetsprecher Juli Edelstein (Likud) oder der einstige Verteidigungsminister Avigdor Lieberman (Israel Beiteinu).
Der Präsident des zentralen Wahlkomitees, Richter Chanan Melcer, betonte, dass keiner der politischen Kandidaten am Wahltag von den Medien interviewt werden darf. Es ist das erste Mal, dass eine derartige Regelung veröffentlicht wurde. Melcer begründete seine Entscheidung mit dem Gesetz, das Wahlkampf und -werbung ab sieben Uhr des Vorabends untersagt.