Tel Aviv

»Die volle Wahrheit«

Die Tageszeitung Yedioth Ahronoth gab am Dienstag vergangener Woche auf einer ganzen Seite einen übersetzten Agenturbericht wieder, in weiten Teilen jedoch bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt: »Ich rede mit Kennern, die gezwungen ... nichts zu sagen ... wäre glücklich zu erzählen.« Weder der Name der Person, um die es geht, noch ihr vermeintliches Verbrechen durften auf-grund der Zensurbestimmungen erwähnt werden. »Alle Welt weiß Bescheid, nur die Israelis nicht«, klagte Moderator Jaron Dekel im Radio. Während einer zweistündigen Debatte zu dem Thema fragte er die Militärkorrespondentin Carmella Menasche: »Kannst Du uns mehr verraten?« Die sonst so gesprächige Enthüllungsjournalis-tin sagte kurz: »Nein, ich will mich mit der Zensur nicht anlegen.« Dabei blieb es.

Das Internet wurde derweil überschwemmt mit der mysteriösen Geschichte. »Wir wollen die volle Wahrheit über Anat Kam« wurde in Facebook gefordert, mitsamt einem Bild der 23 Jahre alten Journalistin. Sie soll während ihres Militär-dienstes an Uri Blau, einen Kollegen der linksliberalen Zeitung Haaretz, geheime Pläne des Militärs weitergegeben haben. Darin ging es darum, gezielte Tötungen an Palästinensern vorzunehmen, unter Missachtung bestehender Gesetze und Regeln. Kam wurde unter Hausarrest gestellt. Falls schuldig gesprochen, drohen ihr wegen Hochverrat und Spionage 14 Jahre Haft.

Die Affäre machte in Israel Schlagzeilen, freilich ohne Details. Dalia Dorner, eine ehemalige Oberrichterin und heute Vorsitzende der Journalistenvereinigung, hält die Veröffentlichungsverbote im Zeitalter des Internet für »lächerlich, überflüssig, veraltet, schädlich und traurig«.

Am Donnerstag dann hob ein Tel Aviver Richter die Nachrichtensperre auf. Seitdem berichten die Medien ausführlich über die Frau, die aus »ideologischen Motiven« gehandelt haben soll. Dieser »schlimmste Fall von Spionage und Hochverrat« in der Geschichte Israels werde seit anderthalb Jahren vom Geheimdienst geprüft. Unbekannt ist, wie viele Dokumente – darunter sollen auch hochgeheime Einsatzpläne sein – sich noch im Besitz von Uri Blau befinden. Er hält sich gegenwärtig in London auf.

Krieg

Der Erklärer

Armeesprecher Daniel Hagari begleitete die Israelis durch die schwersten Tage ihrer Geschichte. Jetzt hängt er seine Uniform an den Nagel – offenbar nicht ganz freiwillig

von Sabine Brandes  16.03.2025

Geiseln

»Ich bin aus den Tunneln wiedergeboren«

Tal Shoham gibt nach 505 Tagen in den Hamas-Tunneln ein erstes Interview. Er fordert die Freilassung der noch in Gaza verbleibenden Menschen

von Sabine Brandes  16.03.2025

Libanon

Hisbollah-Mitglieder nach Verstoß gegen Waffenruhe getötet

Auch während der seit November geltenden Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah kommt es immer wieder zu tödlichen Angriffen der israelischen Luftwaffe. Israel begründet dies mit Verstößen

 16.03.2025

Jemen

Huthi-Anführer verlassen Hauptstadt nach Angriffen im Jemen

Nach den US-Angriffen und aus Sorge vor weiteren Explosionen fliehen einige führende Mitglieder aufs Land

 16.03.2025

Nahost

Erster Besuch nach mehr als 50 Jahren

Begeisterung: Eine drusische Delegation aus Syrien reist nach Israel und trifft sich mit dortigen Gemeindemitgliedern

von Sabine Brandes  16.03.2025

Washington/Sanaa/Jerusalem

Trump befiehlt Angriffe auf Huthi-Miliz im Jemen

Mit dem Gaza-Krieg begannen auch Attacken der Huthi auf Israel und auf Schiffe im Roten Meer. Von Gegenangriffen im Jemen ließ sich die Miliz nicht beeindrucken. Nun will sie der US-Präsident brechen

von Lars Nicolaysen  16.03.2025

Israelhass

Website veröffentlicht Namen von IDF-Soldaten

Ein kanadischer Journalist hat eine Datenbank mit 85 Kanadiern erstellt, die dem israelischen Militär gedient haben sollen. Offenbar will er damit Druck auf die kanadische Regierung ausüben

 15.03.2025

Washington/Tel Aviv/Gaza

USA machen Druck auf Hamas - Israel prüft weitere Schritte

Die USA legen im Gaza-Konflikt einen neuen Vorschlag auf den Tisch. Doch die Hamas geht nur teils darauf ein - die Angehörigen der Geiseln müssen weiter bangen

 15.03.2025

Gaza/Tel Aviv

Ehemalige Hamas-Geisel berichtet über schwerste Misshandlung

Der junge Mann wurde in einer winzigen unterirdischen Zelle festgehalten, immer wieder geschlagen und gedemütigt. Den schlimmsten Moment seines Lebens erlebte er ausgerechnet an seinem Geburtstag

von Sara Lemel  14.03.2025