Herr Schuster, Sie gehören zur Delegation des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier beim Staatsbesuch in Israel. Wie lange waren Sie vorher nicht in Israel? Und wie fühlt es sich für Sie persönlich an, jetzt wieder hier zu sein?
Ich war das letzte Mal im Januar 2020 in Israel zur zentralen Gedenkveranstaltung beim World Holocaust Forum. Auch damals war ich mit dem Bundespräsidenten angereist. Jetzt fühlt es sich hier normal an – sowohl vom Sicherheits- als auch vom gesundheitlichen Aspekt her. Wenn man sich das Leben auf den Straßen oder im Hotel anschaut, ist es, abgesehen vom Mundschutz in den Innenräumen, so, als ob nichts geschehen ist.
Und wie ist Ihr Gesamteindruck von der Reise?
Das Programm ist, ehrlich gesagt, ausgesprochen interessant!
Sie standen beim Empfang des Bundespräsidenten bei dem israelischen Präsidenten vor dem Beit Hanasi in Jerusalem mit am roten Teppich. Ist es etwas Besonderes, zu den letzten Gästen während der Amtszeit von Reuven Rivlin zu gehören?
Ja, ich sehe darin eine besondere Ehre. Beim offiziellen Staatsempfang des Bundespräsidenten haben mich auch die Reden sowohl von Präsident Rivlin als auch von Bundespräsident Steinmeier sehr bewegt. In beiden war ganz deutlich die persönliche Freundschaft zu bemerken. Das waren keine 08/15-Worte von einem Staatsmann eines befreundeten Landes, sondern es waren emotionale Worte von zwei Menschen, die sich tatsächlich freundschaftlich verbunden fühlen.
Welche Aussagen von Bundespräsident Steinmeier und Präsident Rivlin haben Ihrer Meinung nach besondere Bedeutung?
Es war sicherlich der freundschaftliche Aspekt, den der Bundespräsident in seiner ungewöhnlichen »Du-Form« während seiner Rede noch unterstrichen hat. Interessant war, dass er beim Thema »Iran« auf einmal die »Sie-Form« wählte. Ich habe mir sagen lassen, dies habe nicht im Manuskript gestanden, es war wohl auch nicht politisch bewusst. Und doch war es symbolisch für dieses eine Thema. Da sprach Bundespräsident Steinmeier Rivlin plötzlich mit »Herr Staatspräsident« an. Es zeigt klar, wo die Differenzen liegen.
Doch auch bei Meinungsverschiedenheiten bleibe man Freund, hatte Rivlin zuvor betont. Eine wichtige Botschaft?
Aber natürlich, definitiv.
Welche Aussagen von Bundespräsident Steinmeier und Präsident Rivlin haben für Sie persönlich und welche für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland besondere Wichtigkeit?
Es ist die klare Aussage der engen Beziehungen, nicht nur der beiden Menschen, sondern auch die der beiden Staaten. Noch vor 20 Jahren hätte man sich eine solche Rede in dieser persönlichen Form kaum vorstellen können.
Gibt es ein Erlebnis, das Sie bei der Reise bis jetzt besonders bewegt hat?
Es waren tatsächlich die beiden Reden der Präsidenten. Und außerdem hat mich persönlich die Ausstellung der Fotografien in Yad Vashem beeindruckt, die verschiedene Perspektiven darstellt.
Welche Botschaft würden Sie den Menschen in Deutschland, die sehnsüchtig darauf warten, Israel wiedersehen zu können, von Ihrer Reise mitbringen?
Die Hoffnung, dass in einem Monat tatsächlich die Möglichkeit besteht, so nach Israel zu reisen, wie man das gern möchte. Man sieht, dass hier besonders bei der Einreise getestet wird. Ich hoffe und meine, dass es möglich sein wird. Zwar sind die Zahlen der Neuinfizierungen mit dem Coronavirus in den vergangenen Tagen gestiegen, doch man muss auch ehrlich sagen, dass sie weiterhin auf einem niedrigen Niveau sind. Noch liegen sie etwas höher als in Deutschland, doch ich denke, dass sich das wieder reguliert. Ich bin also voller Hoffnung.
Mit Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, sprach Sabine Brandes.