Feinschmecker, die etwas auf sich halten, lassen dieser Tage Frankreich links liegen und Italien außen vor. Nahost steht heute in den Gourmetführern ganz oben. Nachdem das prestigeträchtige Kochmagazin »Food & Wine« den Chefkoch Jonatan Roshfeld aus Tel Aviv auf Platz eins seiner Liste der vielversprechendsten Chefköche weltweit setzte, lecken sich Gourmets alle zehn Finger nach der hiesigen Küche.
Dabei gibt es die israelische Cuisine als solche gar nicht. Zwar haben die meisten Hummus und Falafel mittlerweile probiert und zum Nationalgericht erkoren, eigentlich jedoch blubbert in den Kochtöpfen des jüdischen Staates ein kunterbunter Mix. Menschen mit verschiedenen ethnischen Wurzeln, die als Immigranten aus der ganzen Welt ins Land strömten, brachten ihre Rezepte und Gewürze aus der alten Heimat mit und kochen so oft noch bis heute.
Roshfeld freut sich fast mehr über die Wahl für sein Land als für sich persönlich: »Offensichtlich ist Israel endlich auf der weltweiten Karte der Gastronomie angekommen. Das kann jetzt nicht mehr ignoriert werden.« Das kleine Land liege ja nicht wirklich auf dem Weg der Kritiker, doch die Tatsache, dass sie speziell anreisten, spräche für sich, meint er. Der frisch gekürte Chefkoch verwöhnt die Gaumen seiner Gäste gleich in zwei Tel Aviver Restaurants: dem »Herbert Samuel«, in dem nahöstliche Küche auf den Tisch kommt, sowie im »Tapas Achad Ha’Am«, wo spanische Köstlichkeiten mit israelischem Einschlag serviert werden.
Restaurants Tel Aviv ist die Hochburg des kulinarischen Trends im Land. In der Mittelmeerstadt allein gibt es Hunderte von Restaurants, in manchen Straßen wie der Achad Ha’Am, dem Rothschild Boulevard oder der Ausgehmeile am Hafen reiht sich eins ans andere. Ob es das klassisch italienische mit Pasta und Pizza ist, ein gediegenes in weißem Tischgewand und mit französischer Speisekarte, traditionelle jüdische Hausmannskost, Sushi auf dem Laufband oder trendige Kost im Fusionstyle, in der Lokallandschaft ist für jeden Geschmack und jede Geldbörse etwas dabei.
Ronen Arditi, Vorsitzender des Restaurantverbandes, ist stolz auf die Errungenschaften seiner Stadt: »Tel Aviv spielt kulinarisch in der ersten Liga der Welt mit, das ist keine Frage mehr. Wir haben jede Menge feine Restaurants, außerdem erweitert sich diese Szene stets, es gibt ein wahnsinnig breites Angebot. Die Ideen der Leute in dieser Stadt sind unendlich.« Für die Zukunft wünscht sich Arditi einmal im Jahr ein gastronomisches Festival und eine Broschüre, in der sämtliche Lokale aufgelistet sind, damit den Besuchern die kulinarischen Vorzüge vermittelt werden.
Produkte Qualität aufzeigen kann auch Orly Ziv ganz vorzüglich. Besonders, wenn es um frisches Obst und Gemüse geht, Kräuter, Gewürze, ein gutes Stück Fleisch oder besten Fisch. Das, was die gelernte Ernährungswissenschaftlerin über Kulinarisches weiß, behält sie nicht gern für sich, sondern teilt es mit Menschen. Seit einem Jahr bietet Ziv für kulinarisch Begeisterte Kochreisen durch Israel an (www.cookinisrael.com), von einem Tag bis zu einer Woche. Mit ihren Gästen schlendert sie zunächst über die lebhaften Märkte des Landes, den Tel Aviver Schuk HaCarmel, Machane Jehuda in Jerusalem, den in der Altstadt von Akko und andere, begutachtet, schnuppert, prüft, probiert und sucht aus. Ob Anona, Avocado, Anis oder Artischocke: Ziv weiß genau, was ins Menü passt.
»Wir probieren beim Einkaufen auch authentisches Essen, etwa Pita, noch warm aus der Bäckerei oder Falafel vom Stand am Markt«, lockt Ziv. Alle Kochstunden nach dem Einkauf finden in Privathäusern mit lokalen Köchen statt. Die Veranstalterin ist von ihrer Idee ganz und gar überzeugt. Nicht nur, dass Gourmets auf ihre Kosten kommen, es würde Reisenden zudem einen neuen Einblick in die israelische Kultur geben: »Die Menschen, die meine Touren mitmachen, lernen durch die einheimische Küche Land und Leute kennen.«
Reise Im Zentrum schwingen sie mit Juden die Pfannen, in Galiläa mit Arabern, besuchen dazu Käsereien und Weinkellereien überall. »Welcher Fremde klopft denn sonst an eine Tür und sagt: ›Ich würde gern mal mit ihnen kochen?‹ Bei meinem Konzept aber gibt es das.« Die Größe des Landes ist dazu so überschaubar, in einer Woche kann man zwei Drittel bereisen und den ganzen köstlichen Schmelztiegel durchprobieren.
Die Reisen kosten von der Eintagestour mit Marktbesuch, Kochunterricht inklusive Schürze und Rezeptbuch pro Person um die 130 Euro, für eine Woche mit Unterkunft, Fahrten und kompletter Verpflegung ist man mit etwa 2.400 Euro dabei. Neben der besonderen Erfahrung des gemeinsamen Kochens und Lernens preist Ziv die Besonderheiten der hiesigen Küche, die sich immer wieder um die sieben Basiszutaten aus der Bibel dreht: Weizen, Gerste, Oliven, Wein, Datteln (oder Honig), Feigen und Granatapfel.
»Es gibt die verführerischsten Gerichte, die man daraus zaubern kann«, sagt Kochreisen-Veranstalterin Orly Ziv und gerät ins Schwärmen, man müsse sich nur von den frischen Produkten Israels inspirieren lassen. »Dann kommt beispielsweise so etwas heraus wie das Auberginen-Baladi mit Silan aus Datteln, von dem man einfach nicht mehr aufhören kann. Das verspreche ich.«