Die Koalition in Israel wackelt. Die ultraorthodoxe Partei Vereinigtes Tora-Judentum droht damit, die Regierung zu sprengen, sollte sie nicht das bekommen, was sie will: die erweiterte Aussetzung des Wehrdienstes für streng religiöse junge Männer.
Mit der Weigerung, den Haushalt für 2019 zu unterzeichnen, setzt die Partei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unter massiven Druck. Es bleiben ihm zwei Wochen, um seine Koalitionspartner wieder auf Kurs zu bringen.
haushalt Bis in die Nacht dauerten die Gespräche zwischen den Ministern am Sonntag an. Doch Gesundheitsminister Yaakov Litzman vom Vereinigten Tora-Judentum weigert sich kategorisch, den Haushalt zu unterzeichnen, eine Bedingung, damit die Regierung weiter bestehen und funktionieren kann. Netanjahu beauftragte Tourismusminister Yariv Levin mit der Leitung der Gespräche, da er sich derzeit in Washington aufhält. Es kam jedoch keine Einigung zustande.
Bildungsminister Naftali Bennett sagte anschließend im Armeeradio, dass diese Krise nur vorgetäuscht sei. Der Premier könne die Probleme in zehn Minuten beilegen, denn es ginge einzig und allein um den Willen. »Wenn Netanjahu Neuwahlen will, wird er nichts tun, wenn er keine will, trifft er sich mit den entsprechenden Parteien, und binnen Minuten ist alles geregelt.«
Wie die Krise jedoch gelöst werden könne, sagte Bennett nicht. Justizministerin Ayelet Shaked bestätigte das. »Es wäre falsch und verantwortungslos, die Regierung durch diese vorgetäuschte Krise zu Fall zu bringen. Wir müssen mit unseren Koalitionspartnern an einem Kompromiss arbeiten, mit dem alle leben können.«
gesetzesänderung Finanzminister Mosche Kachlon (Kulanu) versuchte am Wochenanfang, Litzman ins Boot zu holen. Angeblich habe Letzterer zugesagt, den Haushalt zu unterzeichnen, wenn er die Bestätigung erhalte, dass die Wehrpflicht für Charedim gestrichen würde. Er bat Kachlon, die Verabschiedung des Haushalts zu vertagen, damit die Gesetzesänderung in Sachen Militär noch davor eingebracht werden kann.
Doch wahrscheinlich hat der Gesundheitsminister selbst dabei gar nicht das Sagen. Hinter ihm steht sein geistiges Oberhaupt, der Rabbiner der jüdischen Gerrer-Sekte, Yaakov Aryeh Alter, zu der auch Litzman gehört. Der öffentlichkeitsscheue 86-Jährige trifft sich nicht mit Regierungsvertretern oder verkündet Botschaften – und hat dennoch für die Charedim das letzte Wort.