Den Opfern des Taifuns »Haiyan« auf den Philippinen muss geholfen werden, dachte sich Charmaine Hedding. Auf dem Israelkongress in Berlin am vergangenen Sonntag gründete die Entwicklungshelferin, die mit dem israelischen Generalkonsul in München verheiratet ist, spontan die gemeinnützige Organisation »Shai Fund«, die jetzt deutsche und israelische Helfer gemeinsam in das südostasiatische Katastrophengebiet gebracht hat.
Etwa 4460 Menschen sind nach Angaben der UNO durch den Taifun ums Leben gekommen, fielen den Sturmfluten zum Opfer oder wurden unter Trümmern begraben. Schätzungen gingen zunächst von bis zu 10.000 Toten aus. Unzählige gelten noch als vermisst, Hunderttausende sind obdachlos.
Auf deutscher Seite arbeitet der Shai Fund mit christlichen Gruppen wie der deutschen Abteilung der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem (ICEJ) und dem »Gospel-Forum Stuttgart« zusammen. Der israelische Kooperationspartner ist die Nichtregierungsorganisation IsraAID, die unter anderem schon in Haiti, im Südsudan und in Japan nach der Tsunami-Katastrophe Hilfe geleistet hat.
Personalmangel Bereits am Wochenende hatte IsraAID ein erstes Team von sieben medizinischen Helfern in die philippinische Stadt Tacloban geschickt. Im Rahmen der Initiative des Shai Fund traf Dienstagnacht ein weiteres sechsköpfiges Team aus Israel – bestehend aus Ärzten, Krankenschwestern, Sanitätern und einem Fotografen – auf der Insel Cebu ein.
»Wir organisieren mit der ICEJ die gesamte Logistik«, sagt Hedding. »Donnerstagnacht sind die fünf deutschen Freiwilligen – Ärzte und Krankenschwestern – auf den Philippinen mit ihren israelischen Kollegen zusammengetroffen. Das Team soll den Menschen vor Ort medizinische und psychologische Hilfe leisten.« Dabei werden die Deutschen und die Israelis eng mit einheimischen Ärzten und Sanitätern zusammenarbeiten.
Eines der Probleme ist, dass in vielen Krankenhäusern der Strom ausgefallen ist, und Personal- und Medikamentenmangel herrschen. Die meisten Leichen sind noch nicht geborgen worden, was die Seuchengefahr erhöht. Auch die Sicherheitslage ist kritisch, da viele Menschen verzweifelt sind. Es gibt Plünderungen und gewaltsame Auseinandersetzungen.
Feldlazarett Die Unterbringung der Helfer aus Israel und Deutschland wird durch Vertreter des ICEJ auf den Philippinen in Kirchengemeinden und Privathaushalten organisiert. Hotels stehen aufgrund der Verwüstungen nicht zur Verfügung. Das Team wird in Cebu Medikamente, Verbandszeug und Trinkwasser kaufen und dann per Boot ins Zentrum der Verwüstung weiterfahren.
»Wir werden uns ein Bild von der Lage vor Ort machen, sehen, was die örtlichen Behörden bereits tun, und dann unterstützen, wo wir können«, erklärt Hedding. »Es ist geplant, weitere Teams zu senden und mehr Medikamente zu schicken. Möglicherweise werden wir ein Feldlazarett einfliegen, um Verletzten eine erste Anlaufstelle zu bieten.«
Shahar Zahavi, der Leiter von IsraAID, sagte, es sei aufgrund des unzugänglichen Geländes schwer, genaue Zahlen der Opfer und Verletzten zu bekommen. »Die Menschen haben keinen Zugang mehr zu medizinischer Versorgung, darum konzentrieren wir uns zunächst darauf.«
IsraAID will zusätzlich Experten für Traumahilfe und den Schutz von Kindern auf die Philippinen schicken. »Wir sind sehr froh über die Gelegenheit, mit dem deutschen Team zusammenzuarbeiten«, so Zahavi. »Unser Ziel ist es, der Welt zu zeigen, dass Israel und das jüdische Volk immer bereit sind zu helfen.«
Geburt Auch offizielle israelische Stellen organisieren Hilfe für die Philippinen. Die israelische Armee hat 234 israelische Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter sowie Ausrüstung für eine moderne, transportable Krankenstation auf die Philippinen geflogen. Das Außenministerium entsendet eine Mannschaft von Such- und Rettungskräften, die Menschen aus zerstörten Häusern bergen sollen, sowie weitere medizinische Kräfte in das Katastrophengebiet.
Im Feldlazarett der IDF wurde Freitagmorgen ein gesundes Baby geboren, wie ein Armeesprecher über seinen Twitter-Account mitteilt. »Ich kann nicht beschreiben, was für ein Gefühl es ist, dass mein Gastgeberland sich um unser schwer getroffenes Volk kümmert«, erklärte Generoso D. G. Calonge, philippinischer Botschafter in Israel.
Wenn es nach Charmaine Hedding geht, ist das Freiwilligenprojekt auf den Philippinen nur der Anfang einer langfristigen Kooperation zwischen Israelis und Deutschen in Katastrophengebieten und Entwicklungsländern auf der ganzen Welt, die sie mit ihrem Shai Fund unterstützen möchte. »Das wünsche ich mir: eine Zusammenarbeit von Deutschen und Israelis, nicht auf Regierungsebene«, sagt Hedding, »sondern als eine Freiwilligenbewegung von unten.«