Mit gezückten Handys, Umarmungen und vielen guten Wünschen wurde der nächste Präsident des Staates Israel von seinen Unterstützern nach der Wahl empfangen. Die Mehrheit der Knessetabgeordneten sprach sich am Dienstag für Reuven »Ruby« Rivlin vom Likud aus. Das designierte Staatsoberhaupt selbst bedankte sich bei »seinen treuen Freunden für das Vertrauen«.
Oppositionsführer Yitzhak Herzog war einer der Ersten, der Rivlin gratulierte: Er habe die Fähigkeit, eine vereinende Persönlichkeit für Israel zu sein. Die Glückwünsche seines Parteivorsitzenden Benjamin Netanjahu ließen zunächst auf sich warten, denn Rivlins Sieg vorausgegangen war der Versuch des Premiers, genau dies zu verhindern. Wie israelische Medien ausführlich berichtet hatten, sei der Grund das angespannte persönliche Verhältnis zwischen Rivlin sowie Netanjahu und dessen Ehefrau Sara.
Wünsche Kurze Zeit nach der Bekanntgabe des Ergebnisses jedoch betrat Rivlin, umrahmt von Netanjahu und Knessetsprecher Juli Edelstein, den großen Saal. Er wünsche ihm das beste Glück, sagte der Regierungschef und stieß anschließend auf dessen Erfolg an. Rivlin gab sich versöhnlich: »Ich bin auf niemanden böse«.
Bereits während der letzten Präsidentschaftswahl vor sieben Jahren hatte er sich als Kandidat aufstellen lassen. Als er aber bereits in der ersten Runde Schimon Peres unterlag, forderte er sofort die komplette Knesset auf, die Stimme für Peres zu geben. Und nun wird er doch noch in die Fußstapfen des 90-Jährigen treten, der am 24. Juli sein Amt an Rivlin übergeben wird.
Der zehnte Präsident Israels kam am 9. September 1939 in Jerusalem zur Welt, studierte an der Hebräischen Universität Jura und diente in seiner Stadt als Ratsmitglied. Schon früh wird er zum Fußballfan des Traditionsvereins Beitar. Er macht politische Karriere in der konservativen Partei Likud und wurde unter Ariel Scharon Minister für Kommunikation.
Kotel Rivlins Name steht für eine berühmte israelische Familie, die sich bis zum »Gerusch«, wie die Vertreibung der Juden aus Spanien im Hebräischen genannt wird, zurückverfolgen lässt. Die Rivlins siedelten sich in Europa an, und erste Mitglieder ließen sich bereits 1806 im Heiligen Land nieder, wo sie sich schnell einen Namen machten. So war Josef Rivlin einer der Gründer der Jerusalemer Viertel außerhalb der alten Stadtmauern, ein anderer Verwandter der erste Rabbiner der Kotel.
Der Journalist Chaim Sissowitch schrieb noch kurz vor der Entscheidung für Rivlin, warum er sich nur ihn als israelischen Präsidenten wünsche: weil damit jemand dieses Amt innehaben werde, der die Fähigkeit habe, emotional zu sein. »In einem Land, das von Machismus durchflutet ist«, schreibt Sissowitch weiter, »in dem sich die Politiker mit ihren militärischen Karrieren rühmen, braucht es jetzt einen anderen Bürger Nummer eins«. Rivlin sei der wohl unpolitischste Politiker der Knesset, was als großes Lob gemeint ist. Er gilt bei seinen Weggefährten als außergewöhnlich warmherzig und gefühlsbetont.
Demokratie Neben der Fähigkeit, Gefühle zu zeigen, wird Rivlin stets für seine Bemühungen um die Bewahrung der Demokratie gelobt. Er ist keiner, der mit Kritik hinter dem Berg hält, sogar wenn seine Überzeugungen gegen die Linie der eigenen Partei gehen. Wenn es sein muss, zeigt er auch dem Vorsitzenden die rote Karte. Daher gilt er bei vielen Bürgern als würdiger Präsident, der sich für alle Israels einsetzen wird – statt nur für die Anhänger einer Partei.
Im Licht der vielen Skandale, die Israels politisches Parkett in den vergangenen Jahren überschatteten, kommt ihm zudem zugute, dass seine Weste als blütenweiß und er als frei von politischem Klüngel gilt. 2012 wurde er mit einer Medaille für »herausragende Leistungen im öffentlichen Amt« ausgezeichnet. Eine der Begründungen für die Auszeichnung war, dass Rivlin einer der »am wenigsten korrupten Politiker im ganzen Land« sei.
Die Fußstapfen des ehrwürdigen und in aller Welt respektierten Schimon Peres sind groß. Wenn überhaupt jemand sie füllen kann, meinen viele Israelis, dann ist es Ruby Rivlin.