EILMELDUNG! Israel und Hamas einigen sich offenbar auf Geisel-Abkommen und Feuerpause

Nahost

Der Mann »hinter den Kulissen«

Amos Yadlin, Leiter des Institute for National Security Studies (INSS) der Universität Tel Aviv Foto: Flash 90

Der israelische Sicherheitsexperte Amos Yadlin hat den am vergangenen Freitag in einem Vorort von Teheran ermordeten Atomphysiker und Raketenexperte Mohsen Fakhrizadeh als maßgeblich für das iranische Atomprogramm bezeichnet.

Fakhrizadeh habe sich niemals mit Vertretern der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) getroffen, sondern habe »hinter den Kulissen« (»behind the curtains«) gearbeitet, sagte Yadlin, der Leiter des Institute for National Security Studies (INSS) der Universität Tel Aviv und ehemalige General der israelischen Armee, am Mittwoch bei einem Online-Briefing der Europe Israel Press Association (EIPA).

ROLLE Fakhrizadehs Rolle sei es gewesen, Nuklearexperten von einer Organisation zur anderen zu bringen, die Finanzierung zu sichern, Wissenschaftler auf den neuesten Stand zu bringen und in guter Verfassung zu halten – für den Tag, an dem »die letzte Anstrengung für die Erlangung der Bombe« unternommen werden könne.

Bereits in früheren Jahren habe Fakhrizadeh ein iranisches Nuklearwaffenprogramm namens Amad geleitet, sagte Yadlin.

Bereits in früheren Jahren habe Fakhrizadeh ein iranisches Nuklearwaffenprogramm namens Amad geleitet, sagte Yadlin – in Übereinstimmung mit entsprechenden Aussagen des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu von 2018.

Netanjahu hatte Fakhrizadeh bereits im April 2018 als Chef eines früheren geheimen iranischen Atomwaffenprogramms namens Amad bezeichnet. »Merken Sie sich den Namen: Fakhrizadeh«, sagte Netanjahu damals.

VORBEREITUNG Wer hinter dem Mord an dem Atomphysiker stecke, wisse er nicht, erklärte Yadlin. »Ich wurde nicht gebrieft und würde es auch nicht wissen wollen.« Eine solche Operation könne allerdings nicht von einem Tag auf den anderen vorbereitet werden, sagte er als Antwort auf die Frage eines Journalisten: »Das ist eine Angelegenheit von Jahren.« Die dafür nötigen Informationen stammten wahrscheinlich »aus allen Arten von Quellen«.

Fakhrizadeh war am Montag in Teheran beigesetzt worden. Die Zeremonie wurde vom Staatsfernsehen direkt übertragen. Der Iran macht Israel und die USA für den Mordanschlag verantwortlich. Yadlin sagte, wer auch immer die Attacke geplant habe, hätte dabei strategische Überlegungen in bezug auf die künftige Politik der USA gegenüber dem Iran im Auge haben können.

Der Iran macht Israel und die USA für den Mordanschlag verantwortlich.

US-Präsident Donald Trump hatte ein internationales Abkommen mit dem Iran über dessen Atomprogramm aufgekündigt und Wirtschaftssanktionen gegen Teheran verhängt. Yadlin sagte, es könne bei dem Anschlag darum gegangen sein, es der künftigen US-Administration unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden schwerer zu machen, zu dem Atomabkommen zurückzukehren.

rolle Ob der Atomphysiker Fakhrizadeh eine so entscheidende Rolle gespielt habe, dass er nicht ersetzt werden könne, werde derzeit diskutiert, sagte Yadlin: »Die Geschichte kann uns lehren, dass die Friedhöfe voller Menschen sind, die unersetzlich waren.« Dennoch gebe es manchmal Personen, die schwer zu ersetzen sein, wie der frühere Hisbollah-Führer im Libanon Imad Mughniyya, der frühere Chef der iranischen Al-Quds-Brigaden Kassem Soleimani – und jetzt möglicherweise auch der Atomphysiker Fakhrizadeh. »Aber das wird uns die Zukunft sagen.«  

Auch Mughniyeh und Soleimani waren bei Anschlägen ums Leben gekommen – Mughniyeh 2008 bei einer gemeinsamen Aktion von CIA und Mossad, Soleimani 2020 unter Einsatz einer Drohne des US-Militärs.

Die iranische Führung denke derzeit über Racheaktionen für den Mord an dem Atomphysiker Fakhrizadeh nach, habe aber seiner Einschätzung nach kein Interesse an einer größeren Eskalation, sagte Yadlin. Auch in den USA sei man sehr vorsichtig: »Es gibt eine riesige Sorge, dass jede Aktion zu unerwarteten Konsequenzen führen könnte und (…) zu einem neuen Krieg im Nahen Osten«, sagte Amos Yadlin. (mit dpa)

Nahost

Trump über Geiseln: »Sie werden in Kürze freigelassen«

Der künftige US-Präsident Donald Trump äußert sich zum Abkommen zwischen Israel und der Hamas

 15.01.2025

Gazakrieg

Berichte: Einigung über Geisel-Deal erzielt

Israel und Hamas sollen sich auf eine Feuerpause und auf ein Abkommen zur Freilassung von Geiseln verständigt haben

 15.01.2025 Aktualisiert

Nachrichten

Auftritt, Anschlag, Drusen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  15.01.2025

Kommentar

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ein Deal ist die einzige Chance, die Geiseln noch aus der Gewalt der Hamas zu retten

von Mascha Malburg  15.01.2025

Israel/Gaza

Wie Israel mit der Hamas um Details des Geisel-Abkommens ringt

Vor mehr als 15 Monaten begann der palästinensische Terror den Krieg. Nun deutet viel darauf hin, dass Verhandlungen um eine Feuerpause vor dem Abschluss stehen

 15.01.2025 Aktualisiert

Nahost

USA: Gaza-Deal so nah »wie nie zuvor«

Washington gibt sich optimistisch: Eine Einigung auf eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie die Freilassung von Geiseln stehe bevor. Der US-Außenminister sagt: Es liegt nun an der Hamas

von Julia Naue  14.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Gerhard Conrad

»Hamas ist ein Gegner, der nur in extremer Not einlenkt«

Der ehemalige Geisel-Unterhändler und BND-Agent über einen möglichen Deal zwischen Hamas und Israel und die Folgen für den Nahen Osten

von Michael Thaidigsmann  14.01.2025

Israel

Ben Gvir: Geisel-Deal bedeutet Ende der Regierungskoalition

Der rechte Minister gibt zu, im vergangenen Jahr eine Waffenstillstandsvereinbarung mehrfach verhindert zu haben

 14.01.2025